Liebeskummer gemeinsam verarbeiten

CD-Kritik: Adam Green / Binki Shapiro
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Pressebild / Universalmusic

Liebeskummer – scheinbar der Grund Nummer Eins bei Musikern und Musikerinnen, um Lieder zu schreiben. Die Gefühle werden in Texte verpackt und zusammen mit schnulzigen oder wuterfüllten Melodien entsteht so das klingende Ergebnis des Kummers. Obwohl Adam Green wie auch Binki Shapiro Liebeskummer hatten (allerdings nicht wegen einander) als sie beschlossen, gemeinsam Musik zu machen, tönen ihre Lieder weder verbittert noch zum Heulen traurig. Melancholische, leichte von den Sechziger-Jahren beeinflusste Songs sind auf ihrem ersten gemeinsamen Werk zu finden.

 

Adam Green ist seit Mitte der Nullerjahre als Enfant Terrible bekannt: Todessehnsucht, Kurzehe inkl. Scheidung, ein Film aufgenommen nur mit dem IPhone und unter Einfluss von Drogen, Bilder seines besten Stücks im Internet und ein Gedichtsband im Suhrkamp Verlag. Green hat mit 32 Jahren schon eine Menge erlebt. Auch sein Stammbaum – er ist der Urenkel von Frank Kafkas Verlobter Felice Bauer – dürfte dazu beigetragen haben. Doch neben seiner Eskapaden machte sich Green auch als Wunderkind der New Yorker Neo-Folk-Bewegung einen Namen. Zusammen mit Kimya Dawson hat er die Band The Moldy Peaches gegründet. Einer ihrer grössten Erfolge war sicherlich 2008, als ihre Musik für den Film «Juno» verwendet wurde. Ausserdem malt er und fertigt Collagen sowie Papier-Machés an, welche er auch immer wieder ausstellt.

 

Gegenseitiges Therapieren mit Musik

 

Und eben dieser Adam Green hat sich nach sechs Soloalben musikalisch erneut gebunden und zwar an Binki Shapiro. Binki wer? Shapiro stammt aus Kalifornien, spielt mehrere Instrumente und ist Teil der Indie-Band Little Joy. Und auch sie hat eine schmerzhafte Trennung hinter sich. Richtig kennengelernt haben sich die beiden bei einer Konzerttournee, bei der Green der Supportact von Shapiros Band Little Joy war.

 

Shapiros klare, kraftvolle und Greens raue, tiefe Stimme ergänzen sich perfekt. Die beiden Musiker scheinen für einander wie ein Therapeut gewesen zu sein. Singen sie einmal zusammen («Here I am»), so singen sie ein Lied später im Stil eines Dialogs gegeneinander («What’s The Reward») und kotzen sich förmlich aus. Auf drei Liedern singt Shapiro allein und prompt wirken die Lieder ein wenig traurig (z.B. «Casanova»). Alleine erinnert Shapiro teilweise an Katie Melua, doch zusammen mit Green werden Erinnerungen an Johnny Cash, The Smiths und alte Plattenspieler wach. Beim Hören ihrer Musik ziehen vor dem inneren Auge Bilder vom Amerika der 60er Jahre, Picknicks im Park und Polkadots vorbei. 

 

Den Liebeskummer verarbeiten Green/Shapiro durch Rückblicke, Reflexionen über Liebe, Mitleid und das Leben in allen Facetten. Es scheint als höre man am Ende der Platte so etwas wie eine Zuversicht, so heisst das letzten Stück «The Nighttime Stopped Bleeding». Dennoch scheint die Blutung erst gerade gestoppt und die Wunde noch frisch. 

 

Man darf gespannt sein, ob das Duo Green/Shapiro noch ein zweites Mal zusammenspannt. Wünschenswert wäre es, denn diese Sixties-Leichtigkeit tut auch heutzutage gut.

 

Annik Hosmann / Mi, 03. Apr 2013