Mit dem Erfolg von Il Divo hätte niemand gerechnet

Interview mit Urs Bühler von Il Divo
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Sony Music / © Max Dottson

Draussen bläst der Wind, wärend im Renaissance Hotel Urs Bühler ein Interview am anderen gibt. Während des Gesprächs merkt man ihm vom Marathon aber nichts an. Zuvorkommen und konzentriert beantwortet er Fragen nach seinem Werdegang und erzählt, wo denn die Schattenseiten am Job liegen. Und wie kam es zur Zusammenarbeit mit der grossen Diva Barbra Streisand? 

 

10 Jahre gibt es Il Divo jetzt. Goldene Schallplatten habt ihr dutzendweise. Hast du mit so einem Erfolg gerechnet, als du zur Band gekommen bist?

 

Nein, überhaupt nicht. Aber ich denke, mit so einem Erfolg hat niemand gerechnet. Die erste Platte war ja ein totales Experiment. Simon Cowell, der die Initiative übernommen und die Band zusammengestellt hat, hörte eines Tages Andrea Bocelli und fragte sich, wie wohl eine Gruppe aus drei oder vier solcher Sänger, die Popsongs singen, klingen würde. Das war eigentlich die ganze Idee dahinter. Nach einem fast zweijährigen Casting, bei dem hunderte von Sängern angehört wurden, standen wir vier als Band fest. Dann sind wir ins Studio gegangen und haben den Sound von Il Divo kreiert. Die Art, wie wir Popsongs interpretieren, mit zum Teil klassischen Stimmqualitäten. Aber auch das war noch ein Experiment und niemand konnte vorhersehen, wie das ankommen würde. Als die erste CD in England und 13 weiteren Ländern direkt auf Nr. 1 ging, war das natürlich toll, aber dann entstand auch schon der grosse Erwartungsdruck, für das nächste Album. Jetzt, nach zehn Jahren, geniessen wir es und sind sehr froh, dass wir noch bestehen und noch immer Erfolg haben. Uns macht Il Divo noch immer riesig viel Spass und wir sind sehr dankbar für die grosse Karriere, die wir haben dürfen. 

 

Merkst du einen Unterschied, ob du vor einem Schweizer Publikum singst oder vor einem internationalen?

Für mich ist es natürlich sehr speziell, wenn ich in der Schweiz spiele. Die Menschen wissen inzwischen, dass ich Schweizer bin und ein bisschen habe ich schon den Heimbonus. Dazu habe ich eine sehr grosse Familie und es sind immer sehr viele Leute im Publikum, die ich kenne. Und das gefällt mir sehr. Ich singe gerne für Bekannte.

 

Man beginnt mit einer riesigen Liste und fängt langsam an, die Auswahl einzuengen. Schlussendlich geht man mit ca. 15 Stücken ins Studio und fängt an diese aufzunehmen.

 

Die neue Platte dreht sich um Musical- und Broadway-Melodien. Wie wurden die einzelnen Stücke ausgewählt?

 

Ich selbst habe nicht viel von diesem Repertoire gekannt. Es sind Musical- und Broadwaymelodien, aber dieses Genre lag nie an der Spitze meines Interesses. Handkehrum haben Carlos und David bereits viele von diesen Songs gesungen, bevor sie zu Il Divo gekommen sind. Die beiden haben also eine grosse Liste an Songs zusammengestellt, denn dieses Repertoire ist natürlich unglaublich breit und reich. Danach haben wir uns zum Ziel gesetzt, dass wir einen Querschnitt machen möchten und dabei auch die verschiedenen Epochen berücksichtigen. Dass wir mit den alten Sachen von Rogers & Hammerstein anfangen, aber auch Lloyd Weber und sogar «We will Rock You» von Queen berücksichtigen möchten. Man beginnt mit einer riesigen Liste und fängt langsam an, die Auswahl einzuengen. Schlussendlich geht man mit ca. 15 Stücken ins Studio und fängt an diese aufzunehmen.

 

Ein Song sticht durch seine doppelte Bedeutung heraus. «You’ll never walk alone». Natürlich stammt die Musik aus «Carousel», aber ist einer von euch Fan des FC Liverpool? 

 

Die Basis für diese Idee war die Version von Barbra Streisand. Wir waren ja mit ihr zusammen auf Tour im Jahr 2006. Darum kannten wir die eindrückliche Version, die sie aufgenommen hat und das brachte schliesslich die Idee, dass wir mit unserem Arrangement in eine ähnliche Richtung gehen könnten. Wir wissen natürlich, dass das Lied in England eine grosse Fussballhymne ist, aber keiner von uns ist ein grosser Fussballfan.

 

Ihr habt einige Gastsänger auf dem Album. Wie wurden diese ausgewählt? 

Das ist ganz verschieden. Barbra Streisand hat uns 2006 angefragt, ob wir mit ihr auf Tour gehen wollen. Das war für uns damals natürlich eine sehr grosse Ehre. Michael Ball haben wir bei einer Fernsehshow getroffen. Natürlich sieht man sich dann immer mal wieder an Galas oder roten Teppichen und irgendwann meinte er: «Jungs, ich nehme eine neue Platte auf. Wollen wir nicht etwas zusammen machen?“ Dazu kommt, dass sein Manager und unser Manager sich gut kennen und so haben sie angefangen darüber zu reden. So kam das zustande und das Stück haben wir dann auch auf unsere Platte genommen. Er ist wirklich ein lässiger Typ. Nicole Scherzinger ist ja ursprünglich von den Pussycat Dolls. Sie ist jemand, den wir öfter bei Fernseh-Shows getroffen haben. Bei ihr ist es so, dass sie hart daran arbeitet, sich als Musical-Sängerin einen Namen zu machen und sie singt wirklich wunderschön. Die Interpretation von «Memory» aus «Cats», die sie mit uns singt, ist wirklich sehr ergreifend. 

Ich habe mehr die Verbindung gemacht zwischen Pussycat und dem Musical «Cats“ und ob die Wahl für diesen Song Zufall gewesen ist. 

Ah, das ist eine interessante Verbindung. Aber die Leute reduzieren sie oft auf das Aussehen und das ist ähnlich, wie wir am Anfang oft gefragt wurden, welche Marke unsere Anzüge haben. Das muss man halt einfach durch und Nicole muss sich ihren Platz als seriöse Sängerin erkämpfen. Aber sie ist wirklich toll. 

 

Speziell war auch, als wir kürzlich das neue Material am Broadway mit sechs Konzerten vorgestellt haben. Und natürlich gibt es immer noch Träume, die wahr werden.

 

Il Divo ist sicher ein toller Job und du machst bestimmt viele grossartige Erfahrungen. Was aber sind die Teile des Berufs, die nicht so angenehm sind, bei denen man halt durch muss? 

Dass ich letzte Nacht drei Stunden geschlafen habe, heute um 5 Uhr aufgestanden bin, von Lissabon nach Zürich geflogen bin und heute um  Viertel vor 9 Uhr noch einen Flug nach Berlin habe. Aber ich kann mich da wirklich nicht beklagen. Es ist toll, hier in Zürich zu sein und es ist toll über mich und meine Musik mit dir und vielen anderen Journalisten reden zu können.  Die kleinen Übel, die halt dazugehören, sind wirklich nicht so, dass man snobistisch werden könnte. 

 

Wir bist denn du zum klassischen Gesang gekommen? Ich habe gelesen, dass du in einer Hardrockband gesungen hast. 

 

Ich bin irgendwie reingerutscht. Als ich die Matura gemacht habe, begann ich Schulmusik zu studieren. Das war in Luzern an der Schulmusik Akademie und im Rahmen der Ausbildung fiel meine Stimme auf.  Wir hatten ja eine halbe Stunde in der Woche klassischen Gesang gehabt und meinem Gesangslehrer fiel meine Stimme auf und so bin ich in das Berufsstudium des klassischen Gesangs gerutscht. So hat sich langsam herauskristallisiert, dass mich das Metier immer mehr interessierte. Ich habe mein Schulmusikstudium absolviert und dann ging es mit klassischem Gesang weiter. Das habe ich in Luzern abgeschlossen und danach führte mich der Weg nach Amsterdam. Von dort aus konnte ich viele Opern oder Operetten singen, auch an der Oper in Amsterdam, bis ich schliesslich zu Il Divo gekommen bin. 

 

Wenn du auf zehn Jahre Il Divo zurückschaust, gibt es einen Auftritt oder einen Moment, der dir besonders in Erinnerung geblieben ist?

 

Da gibt es natürlich viele. Sicher die Tour mit Barbra Streisand. Dann das Diamond Jubilee für die Queen in England zum 60-jährigen Regierungsbestehen. Das grösste Konzert von Il Divo, das wir in Paraguay vor 38.000 Menschen hatten, zählt sicher auch dazu. Oder als wir in München bei der Fussball-WM 2006 vor 80‘000 Menschen gesungen haben. Speziell war auch, als wir kürzlich das neue Material am Broadway mit sechs Konzerten vorgestellt haben. Aber natürlich gibt es immer noch Träume, die wahr werden.

 

 

Il Divo - Press Launch zum neuen Album in New York 

 

Mehr Infos zu Il Divo gibt es auf der Webseite des Quartetts

 

 

Patrick Holenstein / Mi, 18. Dez 2013