Cellar Darling: «Weil es komisch ist, aber cool klingt»

Interview mit Cellar Darling
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Fotos: © Lisa Gosteli

Wir hatten am Greenfield in Interlaken die Gelegenheit, mit Anna, Ivo und Merlin von Cellar Darling zu sprechen. Die Band ist noch sehr jung und aus Differenzen innerhalb der Schweizer Folk-Metalband Eluveitie entstanden. Im März ist ihr neues Album «The Spell» erschienen. Das Konzeptalbum dreht sich rund um die Geschichte eines Mädchens, das auf seiner Suche nach dem Sinn des Lebens dem Tod begegnet und sich in ihn verliebt. Ein düsteres, vertontes Märchen. Das Album war Thema im Interview, aber auch Filmfortsetzungen und Mentalitäten sowie teure Instrumente und Eluveitie. 

 

 

Im Frühling ist euer neues Album erschienen, seid ihr zufrieden? Wie kommt es an?

 

Anna: Sehr, man weiss es ja nie so recht.

 

Ivo: Wir sehen das vor allem anhand des Online-Feedbacks, lesen die Kommentare unter den Videos auf Youtube und von den Leuten, die uns Nachrichten schicken. Soweit ist das Feedback sehr gut, doch, den Leuten gefällt es.

 

 

Es ist ja schon etwas Neues. «The Spell» ist ein Konzeptalbum. Wie kommt man auf die Idee?

 

Anna: Leider ist die Antwort dazu nie wirklich spannend. Es passiert einfach, die Idee kommt irgendwo her. Es ist nicht so, dass wir uns überlegt haben «ok, wir machen jetzt so was». Die Geschichte kam mir beim Wandern zugeflogen, natürlich noch nicht so ausführlich und detailliert wie sie jetzt auf dem Album ist.

Ich habe den beiden (Anm. Ivo und Merlin) davon erzählt und wir haben es einfach gemacht. Absolut nicht wirklich geplant.

 

Was ist der Unterschied beim Songs schreiben, wenn ein Konzept besteht? 

Anna: Dieses Mal war es wirklich so, dass wir uns von der Idee leiten liessen. Die Tracklist gab es bereits vor der Musik. Die Geschichte bestand ja schon und wir haben uns dann komplett darauf fokussiert, dass die Musik die Geschichte untermalt. Dass es so klingt, wie die Sachen, die im Text und in der Geschichte dazu passiert. So haben wir vorher noch nie gearbeitet. Auch in unserer Exband ( Die 3 sind ehemalige Mitglieder von Eluveitie. Anm. d. Red.) nicht. Es war das erste Mal, dass wir uns von den Worten haben leiten lassen.

 

Also erst die Texte, dann die Musik? 

Anna: Als erstes die Geschichte und dann kam die Trackliste, dieser Song heisst «Pain», der nächste «Burn» etc. und dann mussten wir die Musik passend zur Geschichte klingen lassen. Die Texte kamen schon mehrheitlich danach.

 

Ist die Geschichte so fertig erzählt für euch? 

Anna: Für mich schon. Die Geschichte lässt viel Spielraum zur Interpretation. Aber es ist in sich eine abgeschlossene Geschichte. Auf eine Art eher eine Fabel, man kann sich seine eigenen Sachen darausziehen und das war es. Aber ein Part 2 wird es jetzt nicht geben wie zb. in den Batman-Filmen.

 

 

Merlin: Nur weil wir mehrere Millionen mit dem Album verdienen, machen wir nicht noch ein weiteres davon. 

 

 

Das wäre jetzt meine nächste Frage gewesen, ob es eine Fortsetzung geben könnte.

 

Anna: Nein und dadurch wird das Ganze dramatischer ,finde ich. Die Aussage ist da und man kann damit machen, was man möchte.

 

Ivo: Naja, soviel darf man dann auch wieder nicht machen damit, nicht so wie Hollywood arbeitet.

 

Merlin: Nur weil wir mehrere Millionen mit dem Album verdienen, machen wir nicht noch ein weiteres davon.

 

Wie sagt man so schön, meistens ist der zweite Teil nicht mehr so gut wie der erste.

 

Anna: Das ist defintiv so, guck dir «Hangover 2» an.

 

Merlin: Ja, das war definitiv eine Katastrophe.

 

Aber das ist ja bei vielen Sachen so, egal ob Buch oder Film.

 

Merlin: «Harry Potter» ist die grosse Ausnahme.

 

Anna: Davon hab ich nur die Bücher gelesen.  

Ivo: Und «Lord of Rings» auch.

 

Merlin: Stimmt. Und ja, schon die Bücher von «Harry Potter», aber es ist auch immer alles Ansichtssache.

 

Anna: Aber «Terminator 2» finde ich besser als «Terminator 1».

 

Merlin: Ja, früher war es anders, ich finde auch bei «Rambo» nicht nur den ersten Teil gut.

 

Anna: Vielleicht müssen wir das nochmal überdenken.

 

Merlin: Ja, es ist komplizierter als wir dachten.

 

Anna du spielst Drehleier. Wie kommt man dazu, ein solches Instrument zu lernen?

 

Anna: Ich hab es gesehen und fand es spannend. Auch da nicht gerade eine spannende Antwort. Ich war jetzt nicht in der Mittelalter Szene aktiv oder so, sondern habe das Instrument gesehen, fand es geil und dachte «ok, das will ich auch». Weil es komisch ist, aber cool klingt.

 

Die meisten beginnen ja mit Gitarre oder Schlagzeug. 

Anna: Ich wollte immer Gitarre lernen, weil es neben dem Piano das beste Instrument ist, um Songs zu schreiben. Ich hab aber immer die Geduld verloren. Bei der Gitarre muss alles stimmen, es reicht nicht den Akkord zu greifen, du musst zusehen, dass die Finger richtig sind, dann kommt die Saite dazu und dazu hab ich zu wenig Geduld. Auch wenn ich es gerne können würde. Das ist dann was für das nächste Leben.

 

Ihr wart schon mehrfach am Greenfield, aber in dieser Konstellation ist es eine Premiere. Wie war das für euch?

 

Ivo: Schon anders.

 

Merlin: Ja, anders, viel weniger Leute auf der Bühne. (allgemeines Gelächter) Mit Elu waren wir zu acht. Ok, heute auch zu fünft, da wir zwei Gastmusiker dabei haben. Aber es ist anders, schon alleine, weil wir andere Musik spielen.

 

Ivo: Es ist eine andere Energie und Stimmung, die man rüber bringen möchte.

 

Macht das auch den Unterschied zwischen Festival und einer eigenen Show aus?

 

Anna: Ja, das ist auch immer so ein Thema. Ich mag eigentlich lieber Clubshows, weil sie intimer sind. Du kannst den Abend besser selber gestalten und es passt auch besser zu uns. Düsterer und wenn der Schweiss von der Decke tropft.

Ich war heute aber sehr überrascht, wie extrem wohl ich mich gefühlt habe. Ich habe in die Berge geblickt, das war natürlich Hammer und das hilft. Die Leute waren auch der Hammer.

 

 

Anna: Ich lasse immer ein «Mega Gschiss» ab, wegen meiner Drehleier, weil die über 9000 Franken wert ist. 

 

 

Ich denke, man spürt auch einen Unterschied. Bei den Headliner-Shows kommen die Leute extra für euch, bei Festivals ist das Publikum gemischt. Merkt man das?

 

Alle: Merkt man schon.

 

Anna: Ist aber auch cool so, es ist wie eine Challange. Du musst die Leute mit deiner Musik, die sie vielleicht noch nie gehört haben, überzeugen. Das finde ich schon cool.

 

Ivo: Das ist auf eine Art auch der Sinn eines Festivals. Dass man vor Leuten spielt die man normalerweise nicht erreichen würde. Und das ist schön.

 

Finde ich auch als Besucher spannend, neue Bands kennen zu lernen.

 

Merlin: Im besten Fall findet man was Neues, das einem gefällt.

 

Mitte August geht es auf Tour und es sind sehr viele Länder dabei. Auf was freut ihr euch besonders?

 

Merlin: Bei der kommenden Tour gehen wir als erstes nach Südamerika. Ich freue mich, das viele Länder dabei sind, in denen wir noch nie waren, die Fans aber immer schreiben «Kommt nach Chile», «Kommt nach Costa Rica» und so weiter. Es ist immer schwierig, dorthin zu kommen und nun sieht es aus, als würde das klappen. Da freuen wir uns sehr.

 

Anna: Ich glaube, wir sind auch die erste Band, die es schafft so eine lange Südamerika-Tour zu machen.

 

Merlin: Es wird ein Experiment. Ich denke, es werden zum Teil kleine Clubshows, aber ich freue mich auf enthusiastische Fans. Einige unserer treusten Fans sind in Brasilien und es ist cool, dass wir die wiedersehen werden. Es ist ein riesiges Privileg, in der Welt herumreisen und spielen zu dürfen.

 

Merkt man einen unterschied bei den Mentalitäten?

Anna: In Europa jetzt eher weniger. Aber gerade, wenn du heute in Südamerika spielst und kurz darauf in Oslo, ist schon ein Riesenunterschied. Es ist nicht ein Ort cooler als der andere, aber sehr anders.

 

Merlin: In Südamerika haben die Leute mehr diese Fussballmatch-Energie, die sie zu den Konzerten bringen, egal wer spielt.

 

Ich höre öfter, Schweizer Fans seien allgemein etwas verhaltener, wie man das auch häufiger von den nordischen Ländern hört. Ist das wirklich so?  

Merlin: Da waren die Bands vielleicht zu schlecht.

 

Anna: Ich finde das schwierig. Wenn ich an ein Konzert gehe, selbst von meiner Lieblingsband, bei der ich vor Freude weinen muss, raste ich da nicht komplett aus. Ich bin da, geniesse es, klatsche und weine, aber das sehen die auf der Bühne ja nicht. Von der Bühne her wirkt das schon als wäre es nicht so energiegeladen, aber es ist nicht so.

 

Merlin: Das kommt vielleicht auch auf die Bands an. Ich hatte bei Eluveitie nie das Gefühl, dass die Schweizer weniger energetisch sind als anderswo. Aber das hört man ja von verschiedenen Gegenden. Wie du sagst, etwa Skandinavien, da haben uns auch Finnen und finnische Bands gesagt, dass wie in Finnland nicht zu viel erwarten sollen, die seien eiskalt. Dann spielen wir da und die ganze Venue kocht, der Schweiss tropft und alle sind am Ausrasten. Bisher waren die Leute, egal wo wir gespielt haben, immer gigantisch.

 

 

Ivo: Wenn wir unsere eigenen Shows haben und abends eineinhalb Stunden spielen, gibt es viel zu tun. Merchandise vorbereiten etwa, da haben wir fast keine Zeit, um Dummheiten anzustellen. 

 

 

Was ist das Lustigste oder Skurrilste, was euch auf Tour bisher passiert ist?

 

Anna: Das ist immer soviel, dass man es immer wieder vergisst.

 

Merlin: Mir kommt da auch nichts in den Sinn.

 

Anna: Wir müssen da unbedingt mal anfangen das aufzuschreiben.

 

Merlin: Gut, etwas war beim letzten Besuch in Brasilien. Wir sind nach der letzten Show ohne Schlaf direkt zum Flughafen, sind ausgestiegen und dann ging es los: «Hast du die Drehleier?»

 

Anna: Ich lasse immer ein «Mega Gschiss» ab, wegen meiner Drehleier, weil die über 9000 Franken wert ist.

 

Merlin: Die Drehleier ist das teuerste Instrument und niemand hatte die dabei. Aber ein südamerikanischer Taxifahrer hat sie dann kurz vor dem Abflug zum Flughafen gebracht. Ok, wirklich lustig war das nicht in dem Moment.

 

Anna: Ich denke das kann man auch nur nachvollziehen, wenn man selber Drehleier spielt.

  

Nichts mit Rock`n Roll-Klischee?

 

Ivo: Wenn wir unsere eigenen Shows haben und abends eineinhalb Stunden spielen, gibt es viel zu tun. Merchandise vorbereiten etwa, da haben wir fast keine Zeit, um Dummheiten anzustellen. Aber es passieren immer mal wieder lustige Sachen.

 

Wie war die Umstellung wieder zurück zum Kleinen? Bei Eluveitie war ja schon alles recht gross.

 

Anna: Das war bei Eluveitie am Anfang auch nicht so. Erst nach 3-4 Jahren wurde es gross und die Maschinerie kam auf Touren. Das darf man nicht vergessen.

 

Jetzt im Bezug darauf, dass ihr gerade gesagt habt, dass ihr viel selber macht?

 

Merlin: Genau, man fängt schon noch einmal von vorne an, aber wir wurden nicht ins kalte Wasser geworfen, da wir das so schon einmal durchgemacht haben. Aber ja, es war auf alle Fälle wieder eine Umstellung. Wir machen wieder mehr selber, das ist gut, dann vergisst man nicht, wie es geht.

 

Danke für das Gespräch und viel Erfolg mit Cellar Darling.

Alle: Danke dir.

 

Cellar Darling - «Drown»

 

 

Lisa Gosteli / Mo, 08. Jul 2019