Weisser Reggae mit blassem Charakter

Konzertkritik: UB40 im Kaufleuten
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Allblues

Das erste Mal vergisst man nie. Es war der Sommer 1993 und in allen Radiostationen landauf und landab lief «I  can’t help falling in Love» von UB40. Die Reggae-Version des Elvis-Klassikers war DER Sommerhit schlechthin und ich, ich war damals meistens in Rot/Gelb/Grün gekleidet. Dementsprechend gross war meine Freude, als wir mit dem Wahlfach «Musik» an das UB40-Konzert ins Hallenstadion gehen durften. Mein erstes richtiges Konzert in einer grossen Halle - I loved it! Es war der Beginn einer grossen Liebe zur Livemusik, welche in den letzten 2 Jahrzehnten stetig wuchs.

 

Entsprechend hoch waren meine Erwartungen an den Gig von UB40 im Kaufleuten. Die «Greatest Hits»-Alben der Band höre ich noch heute sehr gerne und ich freute mich, an diesem Abend etwas der Nostalgik nachhängen zu können. Genauso schien es dem Grossteil des Publikums im ausverkauften Kaufleutensaal zu gehen. Die britische Reggaeband UB40 gibt es ebensolange, wie ich auf der Welt bin. Vor einer solchen Leistung habe ich in der heutigen schnelllebigen Zeit per se grossen Respekt. Dass die Herren ein bisschen in die Jahre gekommen sind, ist somit auch sehr verständlich. Das Publikum jedenfalls begrüsste die Band mit begeistertem Applaus - vom ersten Moment an wurde mitgesungen und mitgetanzt.

 

Ali Campbell, welcher über 30 Jahre lang der Leadsänger der Band gewesen ist, wurde 2008 von seinem Bruder Duncan abgelöst. Ali hatte die Band nach finanziellen Zwistigkeiten verlassen. Sein Bruder - ein ehemaliger professioneller Löffel-Spieler (ja, das gibts ;-) - kann ihm leider weder in Sachen Charisma noch in Sachen Stimme das Wasser reichen. Mit der trockenen, unbegeisterten Ausstrahlung eines britischen Primarlehrers vermochte der Funken bei der Performance dieser eigentlich souligen Musik einfach nicht so recht überspringen. Erst als der Percussionist Norman Hassan und der Bass-Spieler Earl Falconer das Mikrofon in die Hand nahmen und Tunes wie «Reggae Music» antönten, kam ein Hauch des ursprünglichen Reggae-Grooves auf.

 

Das Publikum nahm es gelassen. Schon bei den ersten Tönen der grössten Hits wie «Kingston Town» und «Red Red Wine» wurde fleissig geklatscht und gepfiffen. Besonders die Bläser der Band sorgten immer wieder für begeisterten Zwischenapplaus. Die Songs des neusten UB40-Albums «Getting over the Storm“ vermochten dagegen niemanden so richtig in Fahrt zu bringen. Insgesamt wurde die blasse Performance des Leadsängers, die seit über 30 Jahren genau gleich interpretierten Songs sowie die zahlreichen Playback-Einspielungen der Musiker gelassen zur Kenntnis genommen. Dass die Band in ihrem 36igsten Dienstjahr die Hilfe eines Teleprompters in Anspruch nehmen musste - bei Songs, welche sie seit den 80er Jahren spielen - hat mich zugegebenermassen ziemlich erstaunt.

 

Als letzte Zugabe stand «I can’t help falling in Love with you» auf dem Programm. Das Publikum sang, tanzte & kuschelte, bevor es die Band mit viel herzlichem Applaus verabschiedete. Für mich blieben von der Performance ein blasser Eindruck und ein Stück Enttäuschung zurück. Das erste Mal vergisst man nie. Aber das voraussichtlich letzte Mal, welches ich diese Band live geschaut habe, wird sich viel einfacher aus dem Gedächtnis streichen lassen.

 

Alexandra Baumann / So, 28. Sep 2014