Ministry - ohne Kollaps und bestens gelaunt!

Konzertkritik: Ministry
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Facebook: Ministry

Das Konzert von Ministry in der Schüür in Luzern stand bis kurz vor Dienstag in der Schwebe. Der Sänger Al Jourgensen brach kurz zuvor während eines Auftritts in Paris zusammen und musste ins Spital eingeliefert werden. Der geplante Gig Tags darauf wurde abgesagt. Nachdem sich Jourgensen einige Tage in einem Krankenhaus in der Schweiz erholen konnte, kam die Entwarnung: Das Konzert konnte wie geplant stattfinden. 

 

Um Punkt 21.10 startete Al Jourgensen die Show. Mit seinen Rastas, massenhaft Schminke und Piercings im Gesicht und Bandana um den Kopf, glich der Sänger mehr einem Vodoo-Priester, als einem Rocker. Passend zum Vodoo war auch der Mikrofonständer mit einem Totenkopf dekoriert. Mit dem neuen Song «Ghouldiggers» legten Ministry in ein rund eineinhalb Stunden dauerndes Set los. Durch die Textzeile «I’m not dead yet» während des ersten Tracks liess Jourgensen die Meute wissen, dass er sich gut von seinem Kollaps in Paris erholt hat. Im Song gehts es auch um seine Drogenvergangenheit - während 22 Jahren war er bekennender Kokain- und Heroinsüchtiger. Und trotz mehrerer Überdosen ist Jourgensen - gott sei Dank - immer noch am leben.

 

Auf der Leinwand im Hintergrund der Bühne liefen während des Konzertes passende Visuals zu den Songs ab. So untermalten zum Beispiel Videoausschnitte aus dem Irakkrieg das Lied «Rio Grande Blood». Passend hierzu drängten sich maschinengewehrartige Schlagzeugsalven in den Vordergrund. Bei «Relapse» sang Jourgensen Im ready for a relapse. Das Publikum hoffte natürlich insgeheim, dass sich der Zusammenbruch nicht wiederholte. Der Frontmann hat sich aber offensichtlich nachhaltig erholt und zeigte sich bestens gelaunt.

 

Interaktionen mit dem Publikum sind bei Ministry-Konzerten eher selten, nicht so in der Touristenhochburg Luzern. Während des ganzen Gigs kommunizierte Jourgensen mit dem Publikum und bot sogar jemandem in der ersten Reihe an, bei der nächsten Tournee als Backgroundsänger die Bühne zu rocken. Zum Abschluss des Konzerts spielten Ministry mit «So What» einer ihrer grossen Hits aus dem Jahr 1989.

 

Jourgensen verteilte Wasserflaschen an das durchgeschwitzte Publikum und zündete sich lässig eine Zigarette in der rauchfreien Schüür an - so what?! Eine Show rund um Politik, Banken, Korruption, Drogen und Krieg ging zu Ende und der frühere Ministry Feind Nummer 1, George W. Bush, wurde diesmal nur beim Song «The Last Sucker» mit Visuals «gewürdigt» - was bei vergangenen Konzerten während seiner Amtszeit noch ganz anders war.

 

Ministry haben ihre Zeit in Luzern sehr genossen, wie Gitarrist Mike Scaccia nach dem Konzert gegenüber Bäckstage sagte. Statt stressigem Tourleben konnte die Band während der freien Tage als Touristen die Stadt erkundigen. Dies war ihr erster Auftritt in Luzern in der über 30-Jährigen Bandgeschichte. Obwohl Ministry eigentlich auf Abschiedstournee ist, sei das Ende der Band nicht definitiv besiegelt: «Wir hoffen, wir dürfen wieder einmal hier spielen.»

Hansjürg Stämpfli / Mo, 06. Aug 2012