Bier, Haare, Thrash

Konzertkritik: Gonoreas Plattentaufe
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Facebook: Gonoreas

Vier Bands, Bierduschen und beim Umschauen als Frau ernsthaft aufkommende Haar-Komplexe – mehr Metal kontte der Abend eigentlich gar nicht sein. 

 

Gonoreas hatten gerufen; Freunde, Familie und Fans der Band sind gekommen. Zwar hatten sie den grossen Komplex 457 in Zürich bei weitem nicht gefüllt, das anwesende Publikum hatte aber genügend Lärm und Stimmung gemacht, um den Saal nicht leer wirken zu lassen.

 

Eröffnet wurde der Abend von der augenscheinlich sehr jungen Band The Burden Remains, welche für die kurzfristig ausgefallenen Excruciation eingesprungen war. Anders als diese spielten die Fribourger keinen Doom-, sondern melodiöseren Progressive-Metal. Eingesprungen hat hier übrigens gleich doppelte Bedeutung, ging doch der Sänger sofort auf der Bühne ab wie ein Flummi. Die Stimme des Flummis erinnerte mal an James Hetfield (Metallica), mal an Matthew Bellamy (Muse), und The Burden Remains sorgten für einen sehr gelungen Auftakt. 

 

Der – aber auch nur im Vergleich – weichste Teil des Abends folgte mit Underskin. Die Alternative Rockband aus Zürich konnte das Publikum leider nicht ganz so aus der Reserve locken, wie sie es eigentlich verdient hätte. Die musikalische Leistung war sehr gut, die Stimme von Sängerin Andrina bemerkenswert, und sie gab sich alle Mühe, die Zuschauer zu animieren. Aber da war wohl leider doch zu viel Metal-Testosteron vertreten. 

 

Kein Wunder, sah es bei der nächsten Band Comaniac schon ganz anders aus. Leader Jonas schrie sogar beim Sprechen, und Thrash-Herzen gingen angesichts der energiegeladenen Show in Flammen auf. Da wurde grosszügig über falsche Töne hinweggesehen, und es wirkte schon fast, als stünde bereits der Headliner auf der Bühne. 

 

Dieser folgte dann in Form von Leandro Pacheco, Damir Eskic, Pat Rafaniello und Stefan Hösli, und begleitet von frenetischem Jubel. Die Aargauer feierten ihr neustes Werk «Destructive Ways», welches zugleich das zweite Album mit Sänger Leandro ist. 
Da flogen die Haare sowohl auf der Bühne als auch im Publikum, welches die neuen Songs freudig mitfeierte. Die Band versuchte sogar ab und an einen Circle Pit oder eine Wall of Death anzuzetteln, wofür aber doch etwas zu wenig Menschen vorhanden waren. Dafür gab es dann eine Bierdusche für die ersten Reihen, schliesslich handelte es sich hier um eine Taufe. Wozu auch eine Rede gehörte, deren Hauptaussage war, dass Gonoreas immer noch Spass an der Sache haben, und die Zuschauer alle «geili Sieche» waren. Mehr wollten die geile Sieche auch gar nicht hören. Weitermachen bitte! Die Show wurde nun nur noch von Tischbomben und Partyhütchen unterbrochen, welche für Lacher an dem eh schon sehr stimmungsvollen Abend sorgten. 

 

Erst um Mitternacht war die Plattentaufe endgültig vollzogen, und Bands wie Publikum verliessen zufrieden – und wahrscheinlich mit einigen Knöpfen in den Lockenprachten – den Komplex.

 

Gonoreas und «Destructive Ways» wurden gebührend gefeiert, und die vier Bands sorgten für einen kurzweiligen Abend. 
Etwas mehr Publikum hätten der Show aber auch nicht geschadet. 

Seraina Schöpfer / Do, 22. Okt 2015