Vier Tage Party im Wallis

Festival-Kritik: Open Air Gampel
Bildquelle: 
www.openairgampel.ch

Auf der Schweizer Konzertkarte ist das Wallis eher ein unbeschriebenes Blatt. Jedoch einmal im Jahr, wenn das Open Air Gampel stattfindet, geben sich Bands die Klinke in die Hand. Bereits zum 28. Mal fand das legendäre Festival inmitten der wunderschönen Alpenlandschaft am vergangenen Wochenende statt. Getreu dem Motto «iischi Party» fallen bei der Ankunft auf dem Festivalgelände die zahlreichen Partyzelte auf, welche sich dicht an dicht am Festivalgelände aneinanderreihen. Von Schlagerzelt über Elektro bis hin zu Goa wird wohl jeder Musikgeschmack abgedeckt. So erinnert das Konzertereignis bei einem ersten Eindruck eher an ein überdimensionales Bar & Pubfest und weniger an ein Festival. Aber natürlich haben auch Bands gespielt.

 

Donnerstag – Start ins Partywochenende

 

Bei wolkenlosem Himmel empfing die Walliser Berglandschaft bereits Donnerstag früh das partyfreudige Festivalvolk. Punkt 8 Uhr öffnete das Campinggelände seine Pforten. Für den ersten Tag standen bereits zahlreiche Perlen auf dem Konzertprogramm. So begeisterte am späteren Nachmittag die holländische Indie-Hoffnung Kensington das Publikum. Mit eingängigen Melodien sorgten sie laut dem Gitarristen Eloi Youssef für die «first party of the day».

 

 Biffy Clyro sind eine gute Investition. Sie rockten noch jede Show. Auch am Open Air Gampel. (Quelle: www.2488.ch)

 

Am frühen Abend standen Biffy Clyro auf der Bühne. Als Live-Band enttäuschen die Schotten eigentlich nie – und das sollte auch in Gampel so sein. Beim Set wurde der Fokus stark auf das im Januar erschienene Doppelalbum «Opposites» gelegt, jedoch durften auch die zahlreichen älteren Hits nicht fehlen. Beim zweitletzten Song «Stingin‘ Bell» legte Sänger Simon Neil mitsamt Gitarre einen Ausflug über die Hände des Publikums ein.

 

Gleich im Anschluss standen die Editors auf der Nebenbühne. Auch bei ihnen handelt es sich um einen Garant für gute Live-Auftritte. Der charismatische Sänger und Multiinstrumentalist Tom Smith konnte das Publikum während des einstündigen Sets vollständig in seinen Bann ziehen. Ein weiterer sicherer Wert für Festivalauftritte ist der Headliner des Donnerstags – Billy Talent. Mit einer energiegeladenen Show beendeten sie den ersten Tag auf der Hauptbühne. 

 

Freitag – «We are disco, too!»

 

Bereits um die Mittagszeit standen sich die Festivalbesucher vor dem einzigen Bankomaten des Geländes die Beine in den Bauch. Laut verschiedenen Aussagen von Geldbezügern, musste jeweils für Geldnachschub bis zu zwei Stunden angestanden werden. Die Wartenden wurden jedoch von der Hauptbühne gut unterhalten, denn dort spielten die beiden Frauen der Band Deap Vally. Mit ihrem Garagenrock haben sie in diesem Sommer bereits das Glastonbury und Lollapalooza Festival bespielt. 

 

Am frühen Abend stand eine weitere stark aufstrebende Band auf dem Programm: Kodaline. Auf dem Bühnenbanner hatten sie ein Bergpanorama aufgedruckt. Dass sie die Berge mögen, zeigte sich mit der Aussage des Sängers Steven Garrigan, der das Walliser Festival als eines der Festivals mit bester Aussicht bezeichnete, an dem sie jemals gespielt hätten.

 

 Tenacious D, die Band von Schauspieler Jack Black, hat zum ersten Mal überhaupt einen Auftritt in der Schweiz gehabt. (Quelle: www.2488.ch)

 

Später am Abend standen neben Kraftklub, The Wombats, Frightened Rabbits und Alkaline Trio auch Archive auf der Bühne. Nach zahlreichen Shows in der Schweiz in diesem Jahr wird dies vorerst der letzte Auftritt gewesen sein, ehe sie laut Aussagen von Gründungsmitglied Danny Griffiths im Herbst eine neue Platte herausgeben werden und danach wieder eine ausgiebige Tour planen. Im Anschluss sorgten Tenacious D mit ihrem ersten Schweizer Auftritt für ausgelassene Stimmung, die durch Videoeinspieler und Witze abgerundet wurde.

 

Viele Festivalbesucher zog es im Anschluss in die zahlreichen Partyzelte. Als Abschlussband des Freitags standen jedoch noch FILTER auf der Bühne. Vor dem etwas spärlich erschienenen Publikum zogen sie eine grandiose Show ab. Immerhin sind die Männer rund um den sympathischen Sänger und ehemaligem Gitarristen von Nine Inch Nails, Richard Patrick, mittlerweile schon alte Füchse im Showbusiness und wissen, wie man Stimmung macht. Auch ihm schien aufgefallen zu sein, dass die Walliser gerne Party machen – so konnte er sich auch folgenden Spruch nicht verkneifen: «Have you seen the disco tents? Fuck that - we are disco, too!».

 

Samstag – Das Beste kommt zum Schluss

 

Trotz Ausfalls von Frank Turner konnten die Festivalveranstalter mit King Charles kurzfristig einen würdigen Ersatz präsentieren, der bei den hochsommerlichen Temperaturen das Publikum schnell in seinen Bann ziehen konnte. Gegen Abend standen 77 Bombay Street auf der Bühne. Man könnte wirklich das Gefühl kriegen, dass wohl kein Schweizer Festival ohne die Bündner über die Bühne gehen kann. Mit ihren radiofreundlichen Songs brachten sie das Publikum lautstark zum Mitsingen.

 

Durch den weiteren Abend führten mit der Parov Stelar Band und Flogging Molly zwei klassische Festivalbands, bei denen Party vorprogrammiert ist. Mit XAVAS brachten Xavier Naidoo und Kool Savas ihr Kollaborationsprojekt in die Berge.

 

Ein Highlight des Samstags folgte im Anschluss mit Awolnation. Nach einem ausverkauften ersten Schweizer Konzert in Bulle im Februar, handelte es sich bereits um den zweiten Auftritt des Amerikaners Aaron Bruno in der Schweiz. Im Gegensatz zum Vorabend bei FILTER drängte sich das Publikum bereits früh vor die Bühne und wurde vom Auftritt nicht enttäuscht. 

 

Das Open Air Gampel zeigte sich von seiner schönsten Seite mit strahlendem Sonnenschein, sympathischen Helfern, ausgelassener Stimmung, tollen Konzerten und zahlreichen Parties. Die Walliser wissen definitiv, wie man festet.

 

Bilder im Text mit freundlicher Genehmigung von Sebastian Nellen / www.2488.ch

Hansjürg Stämpfli / Di, 20. Aug 2013