Und niemand bleibt ohne Schuld …

Movie-Kritik: Hostiles
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© Ascot Elite Entertainment Group.

1892, New Mexiko. Captain Joseph J. Blocker (Christian Bale, «The Dark Knight», «American Hustle») muss den sterbenden Cheyenne-Häuptling Yellow Hawk (Wes Studi, «Avatar») und dessen Familie in ihr Stammesgebiet in Montana zurückbegleiten. Nur widerwillig nimmt der kriegsmüde Offizier diesen letzten Auftrag an, denn in seinen Augen ist Yellow Hawk immer noch ein brutaler Mörder, und macht sich schliesslich mit ein paar seiner Männer sowie den Gefangenen auf den gefährlichen und beschwerlichen Weg. Unterwegs schliesst sich ihnen die junge Witwe Rosalie Quaid (Rosamund Pike, «Gone Girl») an, deren gesamte Familie dem Angriff einer Gruppe plündernder Comanche zum Opfer fiel. Den Gefahren von Mensch und Natur ausgesetzt, ist Blocker gezwungen auf das Wissen und die Erfahrung seines Erzfeindes zurückzugreifen und ihm zu vertrauen. Denn nur so kann er sie heil ans Ziel bringen.

 

«Hostiles» ist nach «Crazy Heart», «Out of the Furnace» und «Black Mass» die vierte Regiearbeit von Scott Cooper. Der Film bedient sich einer eindrücklichen Bildsprache und verbindet diese mit einer langsamen, ruhigen Erzählweise. Dadurch entfaltet sich die Wirkung der stimmungsvollen Landschaftsaufnahmen und die Figuren haben Zeit, über Themen wie Schuld und Unschuld, Gut und Böse, Leben und Tod und dem Sinn des Konflikts nachzudenken. Im Ansatz ist das zwar gut gemeint, denn es ist eine Möglichkeit, die Figuren nicht zu Stereotypen verkommen zu lassen, allerdings wirken die Dialoge oft zu stark konstruiert und unnatürlich. Dadurch entstehen einige Längen im Film. Dennoch lassen viele dieser Fragen, und das Philosophieren darüber, die Vielschichtigkeit der Figuren erahnen und das kritische Hinterfragen des Konflikts verhindert eine Schwarz-Weiss-Malerei wie sie im Western des Öfteren vorkommt. Denn wie ein Gefangener treffend feststellt: «We are all guilty of something.»

 

© Ascot Elite Entertainment Group. 

 

Das Bewusstsein für die eigene Schuld tragen alle Figuren in sich. Sie sind sich aber auch der Ausweglosigkeit des Ganzen im Klaren. Denn es gilt: Tötest du nicht, wirst du getötet. So ist denn auch während der ganzen Reise immer eine latente Bedrohung spürbar. Einstellungen, die die überwältigende Weite der Landschaft zeigen, suggerieren in diesem Fall nicht Freiheit, sondern erzeugen beim Zuschauen ein Gefühl des Ausgeliefertseins. Dazu trägt auch der Sound bei. Der sparsame Einsatz von Musik lässt Raum für die Stille, wodurch einzelne Geräusche wirkungsvoll hervortreten und eine unheilvolle Spannung erzeugen.

 

Vertrauen aufzubauen ist schwer. Vor allem in einer Zeit, in der man niemanden trauen kann. Dass es den beiden Gegnern Blocker und Yellow Hawk dennoch gelingt, ist der Entwicklung der beiden Figuren geschuldet. Besonders bei Blocker ist sie deutlich auszumachen. Christian Bale gelingt es auf überzeugende Weise, dem hartgesottenen, strengen Captain Menschlichkeit und Mitgefühl einzuhauchen. Das Hadern mit sich selbst und den eigenen Überzeugungen und das rationale Abwägen der Situation merkt man ihm bei jeder Einstellung an.  

 

Durch seine Weigerung, eine klar definierte und konstruierte Darstellung von Gut und Böse zu zeigen, verdeutlicht «Hostiles», dass es in einem Konflikt letztendlich auf beiden Seiten Opfer und Täter gibt. Diese Haltung wird bereits in den ersten Einstellungen des Films etabliert. 

 

«Hostiles» ist ein Neo-Western, der durch eine ruhige Erzählweise und eindrückliche Bilder besticht und die stereotype Trennung zwischen Gut und Böse vermeidet, indem er den Figuren Raum lässt, damit sie sich entwickeln können.

 

  • Hostiles (USA 2017) 
  • Regie: Scott Cooper 
  • Darsteller: Rosamund Pike, Christian Bale, Ben Foster, Stephen Lang, Jesse Plemons, Paul Anderson, Scott Wilson 
  • Laufzeit: ca. 117 Minuten
  • Kinostart: 5. April 2018

 

Sule Durmazkeser / Mi, 04. Apr 2018