Von Elfen und einer Zigeunerin

Serien-Kritik: The Shannara Chronicles
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Impuls Film

Der Zeitgeist dirigiert, dass Verfilmungen von «Young Adult»-Literatur im Trend liegen. Wenn dann auch noch Fantasy auf das Label geschrieben werden kann, hat die Produktion noch einen weiteren Trumpf, einen Hauch von Mystery. Beide Labels könnte man mit der ersten Staffel der Serie «The Shannara Chronicles» verbinden. MTV hat produzieren lassen und eine Zeit lang konnte man im deutschsprachigen Raum ausschliesslich via Amazon in die Welt rund um den Ellcrys-Baum eintauchen. Ab sofort ist die Serie aber auch auf DVD erhältlich. 

 

Wie gesagt, Fantasy funktioniert oft ziemlich gut. So über weite Strecken auch hier. Die Menschheit ist nach einem Vernichtungsschlag praktisch ausgestorben und neben den wenigen Menschen haben langsam Elfen, Gnome, Zwerge oder Trolle die Welt übernommen und in vier Lande geteilt. Davon zeugen Settings, die etwa die von Moos überwucherte und quer in der Landschaft liegende «Space Needle» zeigen. Technik gibt es nicht mehr, man lebt ungefähr auf dem Stand des Mittelalters, obwohl die Serie in der Zukunft angesiedelt ist. 

 

Amberle und Will bilden ein Team. (© Impuls Film)

 

Inzwischen regiert der Elfenköng und ein alter Baum, der Ellcrys, schützt das Reich vor bösen Mächten. Jedes Blatt, dass er trägt, steht für einen Dämon, der verbannt wurde. Die Elfin Amberle ist die erste weibliche Auserwählte und hat eine feine Bande zum Baum. So bekommt sie etwa Visionen, die zukünftige Ereignisse zeigen. Gleichzeitig erfährt in einer anderen Ecke des Reichs der Halbelf Will, dass er der letzte Erbe des grossen Geschlechts der Shannara ist und die Elfensteine, die ihm seine Mutter vererbt hat, sehr wertvoll sein können. Doch leider wurden sie ihm von der Zigeunerin Eretria gestohlen, nachdem er ihr erlegen ist. Doch schnell findet er die Zigeunerin erneut, doch da ist er schon mitten im Kampf, um zu verhindern, dass die Dämonen freikommen und der Baum verendet. Dazu muss Amberle das letzte Samenkorn des Baumes ins Blutfeuer bringen. Gemeinsam mit Will und der Zigeunerin Eretria macht sie sich auf die Reise, denn das letzte Blatt droht zu fallen. 

 

Gimli gibt den König 

 

Gedreht wurde die Serie in Neuseeland und ja, so machne Aufnahme erinnert an «Herr der Ringe». Das ist visuell clever und wirkt adäquat, an das grosse Vorbild kommt die Serie jedoch nicht heran. Dazu war das Budget zu klein, die Prämisse zu sehr auf ein jugendliches Publikum zugeschnitten und das war offensichtlich auch gar nicht das Ziel. Eher war eine Verneigung vor Tolkien und seiner Mittelerde im Fokus. Das gelingt ziemlich gut. Natürlich hat MTV, als man den Auftrag zur Produktion gab, schon eher an die Zielgruppe ihres Senders gedacht und das ist deutlich. Die Schauspielerinnen und Schauspieler sind fast alle attraktiv und jung. Eine wunderbare Ausnahme bildet jedoch der Elfenkönig, der von John Rhys-Davies gespielt wird. Er ist bestens bekannt als Gimli aus der «Herr der Ringe»-Trilogie und der Verdacht liegt nahe, dass er nicht zufällig gecastet wurde. Eine erfrischende Darstellung gibt die noch weitgehend unbekannte Poppy Drayton als Elfin Amberle. 

 

Der Elfenkönig sitz auf dem Thron. (© Impuls Film)

 

Das kleine Problem an der Serie ist nur, dass die Bedrohung nie wirklich präsent ist. Natürlich fliesst Blut (für MTV-Verhältnisse sogar ziemlich viel), aber zu jeder Zeit schwingt die zwischenmenschliche Komponente stärker. Bleibt Will bei der Elfin oder nimmt er die Zigeunerin? Wieso nicht gleich beide? Oder spielen beide nur mit ihm? Das junge Hauptdarsteller-Trio hat eine bemerkenswert liberale Darstellung zu geben. Aber das kann man durchaus machen, schliesslich ist die Welt innerhalb von «The Shannara Chronicles» in einem grossen Wandel. Schlussendlich ist die Rivalität der beiden Frauen aber zu schwach gezeichnet und verpufft schnell im Wind. Und wem das zu viel Soap Opera ist, der wird dafür mit Schlachten und ein paar Überraschungen und Twists entlohnt. Als Creators stehen Alfred Gough und Miles Millar hinter der Serie. Das Duo wurde dafür bekannt, «Smallville», das über zehn Staffeln die Geschichte des jungen Superman erzählt, auf den TV-Bildschirm gebracht zu haben. 

 

«The Shannara Chronicles» basiert auf dem ersten Teil der «Elfenstein»-Trilogie von Autor Terry Brooks und eine zweite Staffel ist bereits bestellt. Die Serie wurde in einer charmant bunt wirkenden Welt aus realen Bildern und viel Computereffekten kreiert und gerade bei Fantasy darf die Umgebung schon mal etwas übertrieben wirken. «The Shannara Chronicles» gelingt die Mischung ganz gut. 

 

«The Shannara Chronicles» ist Fantasy für die Generation MTV. Irgendwo zwischen «The Vampire Dairies» und «Herr der Ringe». Manchmal etwas gar bunt, aber Spass steckt schon drin. 

  • The Shannara Chronicles (USA 2016)
  • Creators: Alfred Gough, Miles Millar
  • Darsteller: Poppy Drayton, Austin Butler, Ivana Baquero, John Rhys-Davies
  • Laufzeit: ca. 401 Minuten
  • Verkaufsstart: 7. April 2016

 

 

Patrick Holenstein / Do, 14. Apr 2016