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Filmkritik: Blaze
Bildquelle: 
Look Now! Filmverleih

 

Einige Musikfilme haben etwas klebriges an sich. Sie sind umgeben von kitschigen Songs, rührseligen Szenen und glorifizieren dabei gleichzeitig die geldhungrige Musikindustrie, so zuletzt passiert in «A Star is born». Umso ehrlicher und berührender ist «Blaze», die neuste Regiearbeit von Ethan Hawke. Der Film thematisiert die stetigen Auf und Abs des Underground Country-Sängers Blaze Foley, gespielt vom Musiker Ben Dickey. Unser Interview mit Ethan findest du hier.

 

Das wohl Erfrischendste und Beste an «Blaze» ist: Es gibt eine Liebesgeschichte, es gibt eine Drogengeschichte, es werden Songs der Künstler gesungen, aber das Ganze ist ohne Pathos erzählt. Zu verdanken hat dies der Film seinem Regisseur Ethan Hawke. Wo immer möglich, liess er uns die Geschichte durch die Songs von Blaze erleben, so wie bei einem Musical. Wann welcher Song wo und unter welchem Umstand entstand, erzählte Blaze’s Lebensgefährtin Sybil Rosen in ihrer Autobiografie «Living in the woods in a tree», welche ihr und Ethan als Vorlage für das gemeinsame Drehbuch diente. Die meisten Szenen basieren demnach auf Sybil’s Erinnerungen, was wiederum wunderbar durch die Optik des Filmes unterstrichen wird. Denn mit seiner Sepia-Einfärbung erinnert der Film an einen Traum. Zugleich lauern an jeder noch so unerwarteten Ecke Wortwitz und Humor, sowie amüsante Auftritte von Sam Rockwell, Steve Zahn und Richard Linklater.

 

 

Der Film ist ausserdem voller kleiner, perfekt inszenierter Szenen, die einem in guter Erinnerung bleiben. Etwa der erste Dialog zwischen Blaze und Sibyl in der Besenkammer oder die eine Szene, in der Blaze den Unterschied zwischen Legenden und Sternchen erklärt. Viel ist dabei auch der perfekten Besetzung zu verdanken. Ben Dickey’s Charme vermag Berge zu versetzen. Dass «Blaze» seine erste Filmerfahrung überhaupt ist, kann man fast nicht glauben. Genauso überzeugend zeigt sich Charlie Sexton in der Rolle des sympathischen Townes Van Zandt. Townes war zur Zeit der Geschehnisse im Film der bekanntere Sänger, doch davon liess sich Ethan nicht beirren. Mit wunderbaren Szenen wie jener in der Blaze nach einer durchzechten Nacht seiner Sibyl ein Lied widmet und dabei die ganze Wohnung mit Liedtexten - aufgrund fehlendem Papier – vollkritzelt, zeigt Ethan wie nah Genie und Wahnsinn sich doch stehen. Und wie viel Liebe und Geduld man an der Seite eines Künstlers besitzen muss. Ein Film, der aufrichtig zu zeigen vermag, dass Kreativität nicht ohne gewisse Opfer und gute Songs nicht ohne gewisse Sehnsüchte entstehen.

 

Country mag nicht jedermanns Musik sein, aber der Film schafft es Brücken zu schlagen und den Spirit dieser Musikrichtung aufzufangen und auf die Leinwand zu transportieren.

 

  • Blaze (2018)
  • Regie: Ethan Hawke
  • Drehbuch: Ethan Hawke & Sybil Rosen
  •  Besetzung: Ben Dickey, Alia Shawkaz, Charlie Sexton, Sybil Rosen, Kris Kristofferson
  • Dauer: 127 Minuten
  • Kinostart: 18. Oktober 2018

 

Tanja Lipak / So, 21. Okt 2018