Kampf um Ruhm und Ehre

Filmkritik: Foxcatcher
Bildquelle: 
Ascot Elite Schweiz AG

Die Sportbranche erzeugt gerne und häufig Heldensagen. Im Zentrum stehen meist Menschen, die dank Jahren harter Disziplin und andauerndem Fokus die Grenzen des Möglichen neu erkunden und definieren. Bei einem Sieg schaut hier und da ein Podestplatz inklusive Medaille heraus. Und das Gefeiertwerden von Massen-Medien, Sportinteressierten und Staatsoberhäuptern. Doch was bleibt zwischen den Wettkämpfen, wenn die Aufmerksamkeit und das Interesse der Welt ein wenig schwindet? Nicht viel. Zu dieser bitteren Schlussfolgerung kommt Regisseur Bennet Miller («Capote») in seinem Neuling «Foxcatcher».

 

Wir treffen auf die Wrestling-Olympiasieger und Brüder Mark (Channing Tatum, «Magic Mike») und Dave Schultz (Mark Ruffalo, «Begin Again») ein paar Jahre nach ihrem Erfolg 1984 in Kalifornien. Obwohl die Wohnung des jüngeren Mark reichlich mit Medaillen und Preisen ausgestattet ist, ist sein Dasein trist. Während Bruder Dave das Leben mit Frau (Sienna Miller, «Alfie») und Kinder gut mit seiner Sportkarriere vereint hat, bleibt Mark ein Eigenbrödler. Die Einladung des Multimillionären und Erben des Chemiekonzerns «Du Pont», John DuPont, ihn auf dessen Anwesen zu besuchen, nimmt Mark deshalb zaghaft aber neugierig an.

Mark und John beim Training

 

Der wrestlinginteressierte John, bietet Mark an, ihn für die olympischen Spiele 1988 in Seoul zu trainieren und zu sponsoren. Vom Reichtum beeindruckt und durch Johns Schmeicheleien verführt, nimmt Mark das Angebot an. Bald schon gewöhnt sich Mark an das Leben an der Seite des Multimillionärs, begleitet ihn zu Empfängen, schnupft mit ihm Kokain oder lässt sich schrecklich blonde Mèches färben. Erst als auch Bruder Dave einwilligt beim Team Foxcatcher mitzumachen und ebenfalls auf das Anwesen zieht, scheint sich die Situation kurzzeitig zu verbessern.

 

Regisseur Bennet Miller kennt sich mit der Sportbranche gut aus und feierte zuletzt in 2011 mit «Moneyball» einen grossen Erfolg. Anders als bei «Moneyball» ist die Stimmung und Atmosphäre in «Foxcatcher» sehr betrübt und wirkt oft sogar leicht gespenstisch. Dies scheint angesichts der Geschehnisse auf welchen die Story basiert (der Film beruht auf wahren Ereignissen, mehr soll an dieser Stelle aber nicht verraten werden), nicht verwunderlich, kann sich aber nicht zwischen Sportdrama, Psychothriller und Biografie entscheiden. Die Sportbranche ist ein fester Bestandteil der Erzählung, genauso aber auch Johns psychische Erkrankung, die ihn immer weiter dazu antreibt Mark auf einen selbstzerstörerischen Pfad zu entsenden.

 

Wie gross hier die biographische Authentizität ist und wo die Fiktion beginnt, ist nicht ganz klar, dies zeigt auch die medienwirksame Ausseinandersetzung des echten Mark Schultz mit dem Film und Bennet Miller. Obwohl der Wrestlingstar am Film beteiligt war und mit Sony in einem Vertrag steht, den Film oscarwirksam zu bewerben, äusserte er sich kürzlich auf sozialen Netzwerken entschlossen gegen die Darstellung der Geschehnisse im Film. Diese entsprechen nicht der Wahrheit, seiner Wahrheit. Einmal mehr scheint es, wurde Mark von einer Glitzerwelt ausgenützt. Da seine Geschichte noch nicht zuende geschrieben wurde, bildet dieser Film ironischerweise einen weiteren Meilenstein in Marks Leben und wird dadurch zum Teil der Geschichte, die er zu erzählen versucht. Ob dies Bennet Millers Absicht war, ist zu bezweifeln. Vielmehr schein er der wahrgewonnene Beweis für Oscar Wildes berühmtes Zitat geworden zu sein «Das Leben imitiert die Kunst weit mehr nach, als die Kunst das Leben».

 

Mark mit Bruder Dave.

 

Und obwohl Richard Linklater («Boyhood») als bester Regisseur bei der Oscarverleihung dieses Jahr gesetzt erscheint, durfte Miller letztes Jahr den Preis für die beste Regie am rennomierten Cannes Film Festival entgegenehmen. Neben Miller sind auch die beiden Drehbuchautoren, die Darsteller Mark Ruffalo und Steve Carell, sowie auch die Make-Up Crew für den Oscar nominiert. Daraus schlussfolgern sollte man trotzdem nicht, dass Channing Tatum seinen Schauspielpartner nicht ebenbürtig bleibt, den er hält locker mit den erfahrenen Darstellern mit. Einzig ein wenig zu kurz kommt Britin Sienna Miller, die als Daves Frau Nancy definitive eine Rolle unter ihrer Würde annahm, die ehrlich gesprochen auch von einer 08/15-Darstellerin hätte verkörpert werden können.

 

«Foxcatcher» ist ein schwieriger Film. Aufgrund der Ereignisse, die er thematisiert und den Umständen in welchem er sich heute befindet. Am besten lässt er sich mit folgender Anekdote beschreiben: Die Vereinigung «Alliance of Women Film Journalist» nominierte «Foxcatcher» letztens unter der Kategorie «Movie you wanted to love, but just couldn’t». Der Sieg für «Foxcatcher» ist unbestritten.

 

 

  • Foxcatcher (2015)
  • Regie: Bennet Miller
  • Drehbuch: E. Max Frye, Dan Futterman
  • Besetzung: Steve Carell, Mark Ruffalo, Channing Tatum, Sienna Miller, Vanessa Redgrave
  • Laufzeit:  129 Minuten
  • Kinostart: 29. Januar 2015

 

Tanja Lipak / Mi, 28. Jan 2015