In einem multifunktionalen Raum mit Anna Karenina

DVD-Kritik: Anna Karenina
Bildquelle: 
Universal Pictures

Die schöne Anna (Keira Knightley, «Fluch der Karibik» und «Die Herzogin») hat eigentlich alles, was sich eine Frau in ihrer Zeit (19. Jahrhundert) wünschen kann: Fürst Alexei Karenin (Jude Law, «Sherlock Holmes»), als loyalen, gut betuchten Ehegatten und einen Sohn, der sie über alles vergöttert. Doch ihr Glück fängt an zu bröckeln, als sie auf ihrer Reise nach Moskau zu ihrem Bruder Graf Vronsky (Aaron Taylor-Johnson, «Savages») trifft und sich unerklärlicherweise zu ihm hingezogen fühlt. Und auch der Graf kann seine Augen nicht von Anna abwenden, folgt ihr schliesslich auf Schritt und Tritt. Bald beginnen die beiden eine Liebesaffäre, was sich in ganz St. Petersburg rumspricht. Noch-Ehemann Alexei stellt ihr ein Ultimatum, um sie vor dem Hohn der Gesellschaft zu bewahren, doch vergeblich. Anna entscheidet sich für den Grafen und somit für ein Leben als verachtete Frau. Anfangs ignoriert sie die spottenden Blicke und Kommentare, lässt sich nichts anmerken. Doch als Fürst Alexei ihr den Besuch bei ihrem gemeinsamen Sohn verweigert und sich alle von ihr abwenden, gerät Anna in eine tiefe Krise. Nicht einmal Grad Vronsky schafft es, sie da wieder rauszuholen, im Gegenteil, Annas Hass richtet sich nun auch auf ihn.

 

Bild 1: Anna Karenina hat alles, was das Herz begehrt und ist doch unzufrieden. Selbst wenn sie auf dem Schlitten (Bild 2) durch die verschneiten Strassen von Moskau gefahren wird, wirkt sie nicht ausgeglichen. (Mit Maus über Bild fahren) 

 

Regisseur Joe Wright, der bereits «Abbitte» und «Stolz und Vorurteil» mit Keira Knightley verfilmte, widmet sich einer weiteren Buchverfilmung zu. Grundlage ist der gleichnamigen Roman vom berühmten Autor Lew Tolstoi († 20. November 1910), der sich der schwierigen Situation von Frauen im 19. Jahrhundert zuwendet. Dieses Mal spielt sich das Ganze in Russland ab, wo Tolstoi herkommt. Wright hat sich bei der Kulisse selbst übertroffen: in einem einzigen Theater- oder Opernsaal wird Szene um Szene inszeniert und auch hinter dem Bühnenbild spazieren die Schauspieler munter weiter durch das Geschehen. Wer diesen etwas speziellen Ansatz im ersten Moment als merkwürdig empfindet, weil so natürlich fast alle Szenen im gleichen Raum stattfinden, wird bis zum Schluss von dieser genialen Idee überzeugt sein. Denn Wright wandelt den Saal so gekonnt um, als wären eine Pferderennbahn und ein Blumenfeld in einem solchen Raum das Natürlichste auf der Welt. Und von den atemberaubenden Kostümen muss man gar nicht erst anfangen. Dafür bekam «Anna Karenina» nämlich den Oscar in diesem Jahr.

 

Bild 1: Der gehörnte Ehemann lässt sich nicht länger an der Nase herum führen. Vorbei sind die stilvollen Anlässe in der russischen Gesellschaft für Anna (Bild 2).

 

«Anna Karenina» ist kein klassischer Liebesfilm und es lohnt sich, diesem eine Chance zu geben. Am besten kommt der Film natürlich in HD zu Geltung, da er nicht umsonst für den diesjährigen Oscar in den Kategorien Bestes Szenenbild, Beste Kamera, Bestes Kostümdesign und Beste Filmmusik nominiert wurde. Für alle, die mal eine etwas andere Kameraeinstellung und ein multifunktionelles Szenenbild erleben möchten, ist «Anna Karenina» die beste Wahl.

 

  • Anna Karenina (GB 2012)
  • Regie: Joe Wright
  • Drehbuch: Tom Stoppard
  • Besetzung: Keira Knightley, Jude Law, Aaron Taylor-Johnson, Kelly Macdonald, Matthew Mcfadyen
  • Laufzeit: 124 Minuten
  • DVD-Start: 11. April 2013
Selina Berner / Mo, 22. Apr 2013