Die Zeit des Verliebtseins

Filmkritik: La belle Epoque
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© PATHÉ FILMS AG

Victor (Daniel Auteuil) und Marianne (Fanny Ardant) sind im Herbst ihres Lebens und ihrer Liebe angelangt. Während sie krampfhaft versucht dem Schicksal auszuweichen, indem sie eine Affäre beginnt und Virtual Reality Brillen mit ins Schlafzimmer schleppt, verfällt Victor allmählich in eine Depression. Um ihn aus dieser herauszuholen, bekommt Victor eine «Zeitreise» geschenkt. Was nach Sci-Fi klingt, ist in Wahrheit simples Theater. Regisseur Antoine (Guillaume Canet) lässt für ein paar Tausend Euros die Vergangenheit wiederaufleben. Von dieser Realitätsflucht gefesselt, wählt Victor kein anderes Ereignis als sein erstes Zusammentreffen mit Marianne im Jahr 1974 aus. Dadurch bringt er nicht nur sein Leben durcheinander, sondern auch jenes von Antoine. Dessen Exfreundin Margot (Doria Tillier) spielt in Victors Illusion keine geringere als Marianne. Das Konfliktpotential ist vorprogrammiert.

 

Am diesjährigen Zurich Film Festival brillierte «La belle Époque» mit mehreren tobenden Standing Ovations. Dies ganz zur Freude von Regisseur/Drehbuchautor Nicolas Bedos und Hauptdarstellerin Doria Tillier, die nach Zurich reisten, um ihren Film persönlich vorzustellen. Nicolas Bedos zeigte sich humorvoll und kreativ als er mittels Handy-Spracherkennung dem dreisprachigen Publikum seinen Dank aussprach. Dieser reizvolle Mix aus Spass, Kreativität und Emotionen macht auch seinen neuesten Film aus. Insbesondere Canet und Tillier fahren als sich zankendes und liebendes Paar, das nicht miteinander aber auch nicht ohneeinander klarkommt, zur Höchstform auf. Neben den romantischen Elementen sind es die gesellschaftskritischen Szenen, die dieser Story eine unbestreitbare Relevanz verleihen. Wo einander früher in die Augen geschaut wurde, flimmert heute der Handydisplay. In Medienhäusern wo früher politische Satire gezeichnet wurde, ist heute alles auf die online Ausgabe ausgerichtet. Trotz der deutlichen Nostalgie zeigt sich der Film nicht mit einer simple 0815-«früher war alles besser» Message zufrieden. Dies wird unter anderen in einer Raucherszene deutlich, als die Ensemble Mitglieder in einer Nostalgiesequenz die Erlaubnis erhalten ihre Zigaretten auszudrücken. «Ich habe früher nur aus Gruppendruck geraucht und bin froh heute davon erlöst zu sein» jauchzt eine «Zeitreisende» am Ende der Szene.

 

Die schnellen, intelligenten Wortgefechte, der motivierte & liebenswürdige Cast, die kreative Storyline machen diesen Film sehr empfehlenswert. Obwohl der Film nicht für Weihnachten konzipiert war, passt er perfekt in die Jahreszeit, da es darum geht sich zu besinnen was wir haben, was wir hinter uns liessen und nach vorne in die Zukunft zu blicken.

 

Kleverer, humorvoller und romantischer Nostalgietrip. Ein Filmvergnügen für alle Generationen.

 

  • Regie & Drehbuch: Nicolas Bedos
  • Besetzung: Dora Tillier, Guillaume Canet, Daniel Auteuil, Fanny Ardant
  • Laufzeit: 110 Minuten
  • Jetzt im Kino.

 

Tanja Lipak / Sa, 07. Dez 2019