Das Geschäft mit dem Tod

Filmkritik: Le magasin des suicides
Bildquelle: 
Frenetic Films

Zeichentrickfilme haben dank TV-Serien wie beispielsweise «The Simpsons», «Family Guy» und Spielfilmen wie «Waltz With Bashir» oder diverser japanischer Animees längst das Stigma verloren, sie seien nur was für Kinder. Nun kommt eine animierte Satire in die Kinos, in der es um Selbstmord geht. Was zunächst vielleicht schwarzmalerisch und düster klingt, entpuppt sich als eigentlich sehr musikalischer Film, dessen Leichtigkeit einen regelrecht irritiert, frustriert und folgende Frage in den Raum stellt: Wie viel Lebensfreude ertragen die Zuschauer heutzutage noch?

 

Zu einer grauen Welt (Bild 1), gehört ein kleiner Selbstmordladen einfach dazu (Bild 2).

 

In einer grauen, nassen, kalten und sehr trist wirkenden Stadt haben die Selbstmorde derart stark zugenommen, dass die Familie Tuvache nun schon seit Generationen einen äusserst rentablen Selbstmordladen führt. Neben reissfesten Stricken zum Erhängen, sorgfältig sortiert nach Grösse und Gewicht, finden sich im kleinen Selbstmordladen auch tausende Flakons mit hochprozentigen Giften aller Art. Daneben verfügt das breite Sortiment ebenfalls über elektrische Stühle, Samuraischwerter oder den einfachen Plastiksack zum Ersticken. Die Preise sind zwar hoch, aber da die Kundschaft ohnehin nicht vor hat, ein zweites Mal vorbeizukommen, sind sie gerechtfertigt. Das findet zumindest Vater und Patron Mishima. Dass es ihm und seiner Frau Lucrèce anscheinend gar nicht so schlecht geht, trotz grassierender Depressionen und Verzweiflung um sie herum, zeigt die dritte Schwangerschaft. Und so kommt ein paar Monate später der äusserst lebensfrohe und heitere Alain auf die Welt. Jahre später steht fest, dass Alain so gar nichts mit dem Familiengeschäft anzufangen weiss und von Zeit zu Zeit gegen seine Eltern und deren schmutziges Business rebelliert.

 

 

Madame Tuvache ist eine gute Verkäuferin (Bild 1). Die ganze Famillie Tuvache an einem Tisch (Bild 2).

 

Regisseur Patrice Leconte griff in seinem ersten Trickfilm ein ernstes Thema auf, das er durch den Gebrauch von Ironie zu einer handfesten Satire umwandelte. Dafür verdient er Lob, genauso wie all die Zeichner und Künstler, die diesen kleinen Kosmos und die darin erhaltenen Figuren zum Leben erweckten. Viel Liebe zum Detail ist hier die Zauberzutat, die beeindruckt. Weniger beeindruckend erscheint jedoch das ständige Gesinge. So stellt sich «Le Magasin des Suicides» bald schon als sehr schwungvolles Musical heraus. Alles wird besungen, egal ob der Tod, die Misere, die verpassten Chancen oder das laufende Geschäft. Zu Anfang gefällt die bissige Inszenierung, doch mit der Zeit wiederholt sich das Ganze mehrfach ohne die Handlung voranzutreiben, wodurch leider auch ein wenig Langweile auftaucht. Denn wirklich überraschend ist der Verlauf der Story nicht. Dies würde nicht weiter stören, wenn wenigstens die vorgestellten Charaktere mehr Tiefgang besässen, doch davon gibt es - bis zum kitschigen Finale - keine Spur. «Le Magasin des Suicides» ist ein Film mit starkem Anfang, der leider gegen Ende deutlich nachlässt. Für Freunde guter Illustrationen ist er trotzdem einen Besuch wert, vorausgesetzt sie können Alains Lebensfreude ertragen.

 

 

  • Le Magasin des Suicides (2013 FR, CA, BE)
  • Regie: Patrice Leconte
  • Drehbuch: Patrice Leconte
  • Roman: Jean Teulé
  • Stimmen: Bernard Alane, Isabelle Spade, Kacey Mottet Klein, Isabelle Giami, Laurent, Genddron
  • Dauer: 80 Minuten
  • Ab 4. April im Kino

 

Tanja Lipak / So, 07. Apr 2013