Spanische Hofreitschule - Eine barocke Reitkunst

Bericht: Spanische Hofreitschule in Zürich
Bildquelle: 
Spanische Hofreitschuler / © Rene von Bakel

Text von Thomas Hügli

 

«Die Hohe Schule ist die Rückkehr der Freiheit», sagte der Sprecher am Schluss seiner Ansprache kurz vor dem Aufritt der Spanischen Hofreitschule aus Wien und auch sonst mangelte es ihm nicht an höchstlöblichen Attributen und Wendungen um die Genialität, dieser in erster Linie für den Menschen angedachte Reiter-Show - Verzeihung - Reiter-Vorführung, hervorzuheben.

 

In der Tat, der Aufritt der Reiter mit ihren weissen Lipizzaner-Hengsten, hat etwas Majestätisches, Urgewaltiges, Kräftiges. Die Gangarten und Touren, die gezeigt werden, stammen aus der militärischen Reiterei und wurden vor 450 Jahren von der Spanischen Hofreitschule übernommen und seither in ihrer Form des Barock unverändert bis heute weitergeführt. Auch die Lipizzaner-Hengste stammen aus dieser Zeit und werden traditionell weitergezüchtet

 

Perfekt choreografiert und dazu Mozart

 

Was damals ausschliesslich dem Kaiser und seiner Entourage vorbehalten war, können heute alle Menschen bestaunen. In Wien, in der altbarocken Reithalle, der Wiener Hofburg, oder wie neulich im Hallenstadion in Zürich. Die Reiter kleben förmlich auf ihren Sätteln. Ihre Bewegungen sind eins mit der des Pferdes. In perfekter Harmonie zeigen sie, die über eine Ausbildungsdauer von 10 Jahren antrainierten Capriolen, Courbetten und Levaden. Allesamt beeindruckende Sprünge aus der «Schule über der Erde». Perfekt choreografiert zu Mozarts melodischer Poesie.

 

Die Lipizzaner-Hengste strotzen vor Kraft, Eleganz und Geschmeidigkeit. Sie sind auf der Höhe ihrer Leistungsfähigkeit. Es ist der Zauber der Kunst in vollendeter Bewegung, was die Zuschauer zutiefst beeindruckt. 

 

Den Aussagen der Hofdirektion zu Folge, wird den Pferden viel Zeit gelassen, zu reifen, zu wachsen, bewahrt ihnen ihre Freiheit und ihre Natur. Dressur wäre ein falscher Begriff für die Ausbildung der Hengste, kein Zwang wird angewendet. Sieht man die Pferde bei der Arbeit, auf dem riesigen, hellbeleuchteten oder im Licht von Spots eingetauchten Reitplatz, so wirken sie sehr entspannt und ausserordentlich konzentriert.Ein hoher ethischer Wert in der klassischen Reiterei entsteht aus der Tatsache, dass der Mensch die Humanität hoch hält. 

 

Die Vorführung überzeugt, allerdings die Sporen an den Stiefeln der Bereiter können, nebst der Verfeinerung des Reitens, auch als Zwangsmittel wahrgenommen werden.

 

 

Bäckstage Redaktion / Mo, 20. Jun 2016