Russian Swing und Fliegende Samichläuse

Showkritik: Swiss Christmas
Bildquelle: 
Facebook: Swiss Christmas

Text von Thomas Hügli

 

Wie aus einem Katapult wird der Samichlaus von der russischen Schaukel weggeschleudert, rast in schwindelerregender Höhe fast an das Zeltdach und vollführt in einer elliptischen Flugbahn mehrere Salti, Schrauben und Drehungen, bis er schliesslich droht auf dem Boden der Manege aufzuprallen. Ein Schreien hallt von den Zuschauertribünen und blankes Entsetzen macht sich breit. Sowie der erste Chlaus sicher von seinen Kollegen auf einer dicken Luftmatratze aufgefangen wird, wandelt sich der Schrecken in pure Sensation. Sechs Samichlaus-Akrobaten aus Polen sorgen für das versprochene Spektakel. Die Nummer hat Tempo, ist actiongeladen und lässt den Atem stocken.

 

Zur Premiere waren sie alle da. Sie alle sind austauschbar und die Veranstalter freuen sich über jede prominente Persönlichkeit unter den Gästen. Da sich alle spät eingefunden haben an diesem Donnerstag Abend, will erst noch das eine oder andere Cüpli weggeschlürft werden, braucht die Presse Bilder von Sternchen und Prinzen. Prompt überhört die emsige Gästeschar den Gong und den Aufruf die Plätze einzunehmen. So dauert es schliesslich noch zwei weitere Gongs und eine dreiviertel Stunde bis der Letzte palavernd seinen Weg durch die Reihen zum Platz gefunden hat und die Show endlich beginnt.

 

Der Plot der Show ist mager und phantasielos. In der Rolle des Sterns Alicia, welcher auf dem Weg zur Erde sein Leuchten verloren hat, holt die bezaubernde Kizzy Garcia Vale tänzerisch heraus, was die Choreos hergeben und die Geschichte zulässt. Johannes «Balu» Meyer, der Produzent und seine Choreografin, haben in ihrer bereits vierten Ausgabe des Swiss Christmas, ein seichtes Zugemüse gezüchtet. Acht Freestyleakrobaten, in der Formation «Banquine», begleiten Alicia mit ihren synchronen Akrobatikeinlagen und Breakdance-Sessions, verbreiten gute Stimmung und bringen Bewegung in die Geschichte, wirken aber noch etwas unerfahren und sind alles andere als grosse Show. Bei Eintrittspreisen bis zu 100 Franken darf der Zuschauer mehr erwarten fürs Geld.

 

 Tarek Rammo schwebt in luftiger Höhe. 

 

Das Duo «Adagio» zeigt eine Nummer mit Bungee Straps. Die Künstler, Alexander Doktorov und Yulia Tsurikova, bewegen sich synchron und scheinbar schwerelos an elastischen Bändern durch den Arenahimmel und vereinen dabei verschiedenen Figuren. Das einzig Aufregende an dieser Nummer ist die Illusion, dass beide zusammen stossen könnten, wenn sie aufeinander zurasen.

 

Nach einem weiteren lauen Pausenfüller mit dem verblassten Stern Alicia und den Freesytleakrobaten im Schlepptau folgt eine ähnliche Nummer. Auch wenn sie hervorragend präsentiert wird von Tarek Ramo, dem drahtigem Niederländer, in seiner Königsdisziplin an den Aerial Straps, fehlt doch ein gewisser Kick und etwas Langeweile macht sich breit.

 

«Ruebli Jeans, kännsch? Das isch ja voll fett vegi!»

 

Zum Glück betritt Margrit Bornet die Bühne. Die Schauspielerin und Komikerin lässt bei ihrem Auftritt, alias der biederen Frau Meier und der von Codeswitching Gebrauch machenden Teenie-Tussi Susi, keinen Witz aus und bringt das Publikum mit ihrer helvetischen Situationskomik heftig zum Lachen. An diesem Abend ist sie mit Abstand eines der Highlights und führt mit viel Ironie durch die Show.

 

Musikalisch begleitet wird die Vorstellung von den «Sparrohs». Die fünfköpfige Musikgruppe aus fünf verschiedenen Nationen könnte frisch aus dem Aargau importiert sein. Fehlt nur noch DJ Bobo, der in dem Fall ihr Manager sein könnte. Ah, da sitzt er ja, in den VIP Logen. Die «Sparrohs» singen den Swiss Christmas Song «Wiehnachtsgschenk» in Schweizerdeutsch und das hätten sie mal lieber bleiben lassen sollen, denn keiner von ihnen spricht Deutsch, geschweige denn Schweizerdeutsch, und dementsprechend unverständlich ist ihr Gebrabbel.

 

 Die Breakdance-Einlagen begeistern das Publikum. 

 

Der zweite Teil nach der Pause gewinnt an Fahrt und lässt viel mehr Geschwindigkeit zu. Allerdings bleibt hier die weihnachtliche Stimmung ganz auf der Strecke. Manege frei für den gebürtigen Mexikaner Gil Adan Hernandez Candelas alias «Bboy Hill». Der Breakdance-Künstler wird noch öfter an diesem Abend mit seinen Sessions für Furore sorgen und stürmischen Applaus ernten. Für Breakdance-Neulinge ein Hochgenuss, für Szenekenner ist der kleine mexikanische Wirbelwind einer unter vielen guten Breakern.

 

Die folgenden Showteile erinnern an die zwei Seilnummern zuvor. Beim Publikum ist die Luft schon fast raus, kein Wunder nach mittlerweile drei ähnlichen Nummern. Das Duo Adagio bringt dann schliesslich wieder etwas Ähnliches wie besinnliche Weihnachtszeit zurück. Ganz in Gold gekleidet brillieren sie mit Partnerakrobatik und ihrer preisgekrönten Figur «Statues», kraftvoll, elegant, ästhetisch und mit verblüffender Präzision.

 

 Es schneit auf der offfenen Rennbahn in Oerlikon und sorgt für Weihnachtsstimmung. 

 

Unbedingt zu erwähnen sind schliesslich noch die akrobatischen Sprünge und Powermoves der Gruppe «Airtrack». Salti, FlickFlacks und viele weitere Sprungelemente der zehn Artisten auf dem zehn Meter langen Luftpolster sorgen für ein heilloses Durcheinander von fliegenden Körpern.

 

Letztlich ist die Swiss Christmas Show eine Weihnachtsshow unter vielen. Gewiss ist es nicht einfach, Neues in die Manege oder auf die Bühne zu bringen, aber das sind die Produzenten dem Publikum schuldig.

 

  • Swiss Christmas
  • «Die zauberhafte Weihnachtsshow»
  • 20.Nov.-31.Dez. 2013
  • Offene Rennbahn, Zürich-Oerlikon
  • Tickets und alle Informationen bei swisschristmas.com

 

Bildquelle: Alle Bilder von Facebook von Swiss Christmas

Patrick Holenstein / Di, 03. Dez 2013