Bam Bam – Seeed mit neuem Album

CD-Kritk: Seeed - «Bam Bam»
Bildquelle: 
Cover / © BMG

«This is Seeed» ruft jemand im Opener «Ticket». Sie sind wieder im Sattel und das ist gut so, denn Seeed waren eine lange Zeit abgetaucht. Mit dem Album «Bam Bam» meldet sich das Musiker-Kollektiv aus Berlin eindrücklich zurück.

 

Seeed beherrschen das rhythmische Spiel mit der Sprache noch immer besten. Das amüsante «Lass das Licht an» mit Deichkind zeugt davon. Es ist eine ironische Auseinandersetzung mit dem Leben beziehungsweise dem Moment, indem dieses entstehen kann. Bei Seeed wird das kreative Schlafzimmergeflüster mit Samples und poppigem Rhythmus swie den Kollegen von Deichkind zum sofortigen und akuten Ohrwurm. Spassig, ohne je in die Klamaukfalle zu tappen. Ein Highlight auf der Platte, das bestimmt live ebenfalls zünden wird.

 

«Lass sie gehen» gestaltet sich als persönlichen Appell nach eine Trennung und ist am Rande eine kleine Referenz an die Fanta 4. Ein Unbekannter soll abschliessen, «Lass sie gehen, lass sie los», wird ihm entgegengeschleudert. «Du bist gut im Beleidigen, sie kann gut mit Sachen schmeissen, die dir heilig sind» wird er mit Tatsachen konfrontiert und fast versöhnlich heisst es gegen Schluss «Du wirst sehen, es war besser so». Ein Job, den Freunde manchmal tun müssen. Bei Seeed wird aus dem Freundschaftsdienst eine Ode zwischen schützendem Zynismus und gnadenlosem Support in einer schwierigen Lebenslage.

 

Seeed - «G€LD»

 

«G€ld» erinnert an Seeed wie man sie kennt und liebt. Leichtes Spiel mit Plattitüden, allerdings über die gesamte Platte gesehen fällt der Song etwas ab, weil er gar kalkuliert klingt. Macht aber gar nichts. Bemerkenswert ist, «Bam Bam» ist das erste Album mit nur deutschen Songs. Die deutsche Sprache ist im Hip Hop beziehungsweise im Fall von Seeed auch im Dancehall längst etabliert. Für das neue Album haben sich Seeed viele Gäste eingeladen, Nura oder Salsa 359, um nur zwei zu nennen.


Der Schluss gehört dem charismatischen Demba Nabés. Der Sänger besass eine unverkennbare Stimme und war Gründungsmitglied der Truppe. 2018 starb er völlig überraschend und fehlt schon etwas im Line-up von Seeed. Als Respekt für ihren Bandkollegen haben Seeed seinen letzten Song praktisch unverändert auf das Album genommen. Zwar gelingt es dem Kollektiv auch ohne ihn rund zu klingen, aber wer Seeed schon länger verfolgt, wird seine Stimme schon vermissen. Darum war es für Seeed nicht unbedingt so klar, dass die Reise weitergeht und die Platte liess etwas länger (die erste seit 2012) auf sich warten. So ist «What a Day» eine rührende Referenz und mit dem letzten Ton hat man trotzdem das Gefühl, dass Seeed die richtige Entscheidung getroffen haben, denn sie klingen noch immer relevant, wenn auch teilweise nachdenklicher («Immer bei dir» mit Trettmann) und gereifter. Das passt ganz gut.


Zwar fehlt vordergründig ein Knaller wie «Dickes B» oder «Ding», aber gut die Hälfte der Platte ist nahe dran. Seeed geben dem Album «Bam Bam» dafür eine stilistische Breite, die weit über den Dancehall, für den die Band einst bekannt wurde, hinausgeht und zeigt, dass aus dem Kollektiv, bei dem es keinen wirklichen Bandleader gibt, ein eingeschworene Truppe geworden ist, die sich thematisch immer noch am Leben orientiert und in der deutschsprachigen Musik ein sicherer Wert ist. Das zeigen Momente wie das rockige Gitarrensolo bei «Sie ist geladen». Das Album ist aber auch das Ende einer Ära und ein starker Neubeginn, gerade nach dem bereits erwähnen Verlust von Damba Nabés ist dieser erste Schritt für Seeed wichtig. Sie gehen ihn und treffen sowohl mit den Sprachwelten als den Soundkonstellationen zielsicher.

 

Seeed sind wieder da. Das war nicht unbedingt klar, aber um so erfreulicher. «Bam Bam» erweitert das Schaffen der Berliner um interessante Facetten.

 

  • Band: Seeed
  • Album: «Bam Bam»
  • Veröffentlichung: 4. Oktober 2019
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Bäckstage Redaktion / Do, 03. Okt 2019