Go Go Berlin: Die Leute hören das, was sie hören wollen.

Interview mit Go Go Berlin
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Promobild

Ihr Album «The New Gold» ist seit dem 11. April in ganz Europa erhältlich. Warum sie das noch immer nicht ganz fassen können, und warum die Geschichte hinter der dänischen Band Go Go Berlin so einzigartig ist, haben uns Sänger Christian und Gitarrist Mikkel gleich selbst erzählt.

 

 

Wie geht’s euch?

Beide: Gut! Müde. Wir sind gerade dabei, wach zu werden.

 

Christian: Wir sind seit vier Uhr Morgens auf. Das sind jetzt zwölf Stunden, oder?

 

Genau zwölf Stunden. Wie fühlt es sich an, das erste Album in den Händen und in den Läden zu haben?

 

Mikkel: Es ist überwältigend. Aber auch schwer zu realisieren, denn in Dänemark haben wir das Album bereits im September veröffentlicht. Dass es plötzlich auch im restlichen Europa draussen ist, ist wunderbar.

 

Christian: Das ist das komischste Gefühl, denn schon alleine was in Dänemark passiert, ist eine Sache. Und jetzt musst du noch realisieren, dass es auch woanders passiert, wie in Deutschland, Holland oder der Schweiz. Und das ist so surreal, denn ich war noch nie in der Schweiz, und jetzt haben wir bald ein Konzert hier. 

Ihr wart also noch nie in der Schweiz – konntet ihr schon etwas von Zürich sehen?

 

Mikkel: Wir sind mit dem Tram hierher gefahren und haben die ganze Zeit davon gesprochen, wie schön es hier ist. Wir haben Zürich sogar «Fairytale-City» genannt!

 

Christian: Es gibt hier so viele schöne Gebäude. Manchmal dachte ich sogar, «das kann nur eine Fassade sein, dieses Gebäude ist nicht echt».

 

Also ist es gar nicht wie in Dänemark?

Christian: Doch schon, aber es ist irgendwie … dramatischer! Mehr «Boah!»

 

Mikkel: Und man kann die Berge im Hintergrund sehen, das haben wir vermisst.

 

Christian: Im Herbst waren wir schon in zehn verschiedenen Städten in Deutschland. Wenn das Wetter gut war, haben wir sie geliebt, wenn es schlecht war, haben uns auch die Städte nicht gefallen. Wenn es so schön ist, wie heute hier, ist es einfacher, sich in die Stadt zu verlieben.

 

Mikkel: Auf «The New Gold» ist es meistens so, dass die Idee von Christian kam und wir dann alle zusammen daran geschrieben haben. Aber jetzt beginnen wir, mehr separat zu schreiben.

 

Wie lange habt ihr an dem neuen Album gearbeitet?

Mikkel: Etwa ein halbes Jahr alles in allem, aber nicht konstant.

 

Christian: Beim ersten Album ist es sowieso anders. Eigentlich arbeitest du etwa drei Jahre daran, weil du dich erst ausprobierst und herausfindest, was für eine Art Songs du als Band überhaupt spielen kannst mit fünf verschiedenen Personen. Ein Einzelner hat vielleicht eine Idee, aber da sind noch vier andere Typen, die einen Einfluss haben. Deshalb sind auch einige Songs wie «Raise Your Head» auf dem Album – welches auch unsere erste Single war –, die wir etwa viermal aufgenommen haben, aber erst die letzte Aufnahme war dann die beste.

 

Mikkel: Weil wir bereits die Dänemark-Tour gebucht hatten, konnten wir auch nur jeweils von Montag bis Mittwoch im Studio sein. Übrigens auf der fünften Etage und ohne einen verdammten Lift. Das war eine etwas stressige Zeit. Angefühlt hat es sich wie ein Jahr.

 

Wer schreibt die Texte? Macht ihr das alle zusammen?

Mikkel: Auf «The New Gold» ist es meistens so, dass die Idee von Christian kam und wir dann alle zusammen daran geschrieben haben. Aber jetzt beginnen wir, mehr separat zu schreiben.

 

Christian: Wir sind das Ganze gerade etwas am ändern, weil das Songwriting in den Vordergrund rückt. Vorher war eher das Bandwriting im Fokus, also uns daran zu gewöhnen, zusammen zu spielen und so weiter. Jetzt wo wir das im Griff haben, denke ich auch zu wissen wie zum Beispiel Mikkel musikalisch denkt, und darum kann ich auch mal ein Gitarren-Riff für ihn mitschreiben. 

Habt ihr persönlich einen Lieblingssong auf «The New Gold»?

 

Christian: Hast du ein Lieblings-Kind, Mikkel? (lacht)

 

Mikkel: Es wechselt, denn es gibt so viele Aspekte. Ein Song, den wir live nicht spielen, den ich aber beim Aufnehmen geliebt habe, ist «Do You Mind». Manchmal aber auch «Raise Your Head», weil ich dieses Gitarrenriff gebracht habe, und darauf bin ich sehr stolz, weil er so schräg klingt (lacht).

 

Christian: Ich kann keinen Lieblingssong nennen. Aber es ist lustig, Songs, die wir live nicht spielen und deswegen nicht jeden Tag im Ohr haben, nach etwa einem halben Jahr plötzlich wieder zu hören. Und dann kommen alle Erinnerungen, alle Gedanken, die ich hatte, als der Song entstanden ist, zurück.

 

 Go Go Berlin (Promobild)

 

Die Geschichte hinter der Band ist sehr speziell. Könnt ihr mir davon erzählen?

Mikkel: Eigentlich war das Ganze als One-Night-Ding gedacht. Christoffer (Drummer, Anm. der Red.) war betrunken in der Stadt, in der wir alle zusammen zur Schule gegangen sind. In einem Club, in dem er bereits einmal mit Christian gespielt hatte, fragte er die Managerin, ob sie vielleicht wieder einmal spielen dürften, dabei hatte er gar keine Band. Als sie zusagte, hatte er ein Problem. Also hat er uns alle gefragt, ob wir mit ihm spielen wollen. Wir haben dann einfach fünf Songs so lange gejammt, dass sie tatsächlich zu einem einstündigen Konzert wurden.

 

Christian: Wir haben viele Soli gespielt, um die Zeit zu überbrücken. Das Publikum bestand etwa aus zehn Leuten und die Instrumente haben wir auf Skateboards transportiert. Hat sich vieles geändert, ich bin zumindest froh, mussten wir nicht mit Skateboards nach Zürich reisen (lacht).

 

Und was ist mit dem Bandnamen?

Christian: Das ist fast die gleiche Story. Die Managerin hat uns zwei Wochen vor dem Auftritt angerufen und wir hatten noch keinen Namen. Gerade hatten wir uns über Berlin unterhalten, weil es eine coole Stadt ist, ein paar von uns wollten auch dort hin nach der Schule. Christoffer war also mit ihr am Telefon und sie brauchte einen Namen. Ich weiss nicht mehr wer, aber jemand rief «Go Go Berlin!».  

Mikkel: Es war eigentlich nicht angedacht, den Namen zu behalten, aber irgendwie hat er sich mit uns verbunden und die Leute erinnern sich an ihn. Also haben wir ihn nicht geändert, denn warum sollten wir, wenn sich die Leute so an uns erinnern?

 

Was sind eure Lieblingsbands?

Beide: Das ist schwierig!

 

Mikkel: Manchmal höre ich gerne alte Sachen (singt «Where Everybody Knows Your Name»), gehe zu den Rolling Stones und solche Dinge, aber manchmal will ich auch neue Musik entdecken.

 

Christian: Ich finde auch gerne neue Sachen und wenn ich dann eine gute Indie-Band entdecke, denke ich «Yes, das ist meine Band, niemand anders soll sie so lieben wie ich!» (lacht). Aber ich mag auch altbewährtes Zeug wie die Arctic Monkeys. Und auch Bands, die nicht typisch klingen. Die zwar zum Beispiel Gitarrenmusik machen, aber keine Gitarren-Riff-Musik. Oder Rockbands, die wie in den Siebzigern klingen, aber irgendwie auch wieder nicht.

 

Christian: Wir setzen uns gerne kleine Ziele, wie all die kleinen Abenteuer, die wir zusammen erleben. Wenn sie wahr werden, ist es immer wunderbar. 

 

Ihr seid sehr jung, aber ich höre und sehe viel Seventies in eurer Musik. Warum?

 

Mikkel: Wir haben alle verschiedene Einflüsse von zu Hause. Die Siebziger waren musikalisch aber schon eine grossartige Zeit. Es gab viel Geld – vielleicht zu viel – und viele Ikonen. In der heutigen Zeit hungern die Leute wieder nach solchen Ikonen.

 

Christian: Es ist lustig, wenn Leute «The New Gold» hören, sagen manche, es klingt nach den Sixties, andere finden eher nach Seventies. Die Leute hören das, was sie hören wollen. Das ist cool, weil sie unsere Musik auf so unterschiedliche Weise lieben. Wir haben aber nie bestimmt, es sollte jetzt wie in den Siebzigern klingen. Ich bin aber auch damit aufgewachsen, ich liebe Jimmy Hendrix, ich liebe Deep Purple, das war mein erstes Album. Aber genauso liebe ich Elvis und genauso liebe ich die Arctic Monkeys. Vielleicht sind wir irgendwie beeinflusst, aber wenn wir in der Sache drin sind, denken wir nicht spezifisch daran.

  

Was ist das Beste daran, auf Tour zu sein?

Christian: Verschiedene Städte zu sehen ist sehr cool.

 

Mikkel: Genau, auf Reisen zu sein. Aber auch die Verbindung, die man mit der Crew und den anderen Bandmitgliedern geknüpft hat, auch durch kleine, langweilige Dinge, die man den ganzen Tag zusammen macht. Üben, Tischfussball, Billard, Rauchen …

 

Christian: Wir waren gerade in Los Angeles. Manchmal erreicht man Orte, die man einfach nicht erwartet hat. Ich sage nicht, dass ihr keine schöne Stadt habt, aber ich glaube nicht, dass ich sie privat jemals besucht hätte. Genauso wie viele Städte in Deutschland. Das sind enorme Erfahrungen.

 

Mikkel: Der Blick auf die Städte ist auch völlig anders, wenn du für die Arbeit da bist, als wenn du die Sicht eines Touristen hast. Du siehst, was im Innern abgeht und wie unterschiedlich die Menschen sind.

 

Christian: Was auch cool ist auf Tour, ist, wenn du in einer Stadt gespielt hast, später zurückkommst und siehst, dass beim zweiten Mal mehr Leute das Konzert besuchen. Das ist das Beste, zu sehen, dass man etwas aufgebaut hat.

 

 

Habt ihr ein musikalisches Ziel?

Christian: Ich würde es lieben, bei David Letterman zu spielen. Das war immer einer meiner grössten Träume.

 

Mikkel: Mein Traum ist es, dass das Ganze hier real ist und so weiter gehen kann. Es ist immer ein bisschen erschreckend, wenn man nicht weiss, wie lange etwas noch dauert.

 

Christian: Wir setzen uns gerne kleine Ziele, wie all die kleinen Abenteuer, die wir zusammen erleben. Wenn sie wahr werden, ist es immer wunderbar.

 

Go Go Berlin - «Darkness»

 

  • Am Montag, 12. Mai 2014 spielen Go Go Berlin im Zürcher Eldorado
  • Tickets sind bei Starticket erhältlich.

 

Seraina Schöpfer / Sa, 10. Mai 2014