Von zwischenmenschlichen Beziehungen und einer Topfpflanze

Konzertkritik: Max Raabe im Kongresshaus
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Max Raabe Facebook

Zwei Jahre sind vergangen, seit Deutschlands wohl bekanntester Baritonsänger der Gegenwart zuletzt im Zürcher Kongresshaus gastierte – vergangenen Freitag war es dann wieder soweit, Max Raabe und sein Palast Orchester luden zur «Einer Nacht in Berlin»-Tour. Kaum hatte er die Bühne betreten, prophezeite der Wahl-Berliner dem Zürcher Publikum einen Konzertabend in dessen Fokus «zwischenmenschliche Beziehungen und eine Topfpflanze» stehen würden. Ein Versprechen, das er nach gut zwei Stunden mit «Mein kleiner grüner Kaktus» als Zugabe, gänzlich einlöste.

 

Herzschmerz bleibt Herzschmerz

 

Doch der Reihe nach. Im schwarzen Frack, mit weissem Hemd und Fliege, die noch immer blonden Haare akkurat zur Seite gescheitelt, nahm Max Raabe das Publikum, im nahezu ausverkauften Kongresshaus mit auf eine musikalische Reise zurück in die Zeit der Weimarer Republik und die wilden 1920er- und Anfänge der 30er-Jahre. Dabei immer an seiner Seite, das 12-köpfige Palast Orchester.

 

Manche Dinge ändern sich nie. Ob nun 1931 oder 2015 - Herzschmerz bleibt Herzschmerz oder wie Max Raabe zu singen wusste: «Heartaches / Heartaches / What Does It Matter How My Heart Breaks», aus der Feder von John Klenner und Al Hoffmann. Letztlich habe sich nur der Umgang mit dem Herzschmerz im Lauf der Zeit verändert. So fielen einst gemeinsame Fotografien noch dem Flammenmeer zum Opfer, heutzutage hingegen würden stattdessen Selfies in den Papierkorb verschoben werden, so Max Raabe.

 

Küssen kann man nicht alleine

 

Max Raabe brachte jedoch nicht nur Licht ins Dunkel, wenn es um die Verworrenheit zwischenmenschlicher Beziehungen geht. Überhaupt war es ein Konzert voll neugewonnener Erkenntnisse und wertvoller Ratschläge, die Max Raabe gekonnt, in seinen staubtrockenen Humor gehüllt und mit Wortwitz geschmückt, als Verbindungsglieder zwischen den einzelnen Liedern einzusetzen wusste.

 

Ob nun zwischen den Liedern oder währenddessen, der 52-jährige Chansonier wusste das Publikum bestens zu unterhalten, so dass nicht selten Prusten und kollektives Schmunzeln von der einen oder anderen Lachträne begleitet waren. Und auch an Schlagfertigkeit mangelte es Raabe keinesfalls, so konterte er unvermittelt «Ist gleich vorbei!», als die Konzertbesucher bei «Du hast mich nie geliebt» verfrüht zu applaudieren begannen. Egal, wie man die Liebe dreht und wendet, nach zwei Stunden war wohl jedem klar: «Küssen kann man nicht alleine».

Dominique Rais / So, 20. Sep 2015