Guns N' Roses – Zusammen, was zusammen gehört

Konzertkritik: Guns N Roses im Letzigrund
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Leser-Foto.

Endlich ist wieder zusammen, was einfach zusammen gehört. Das haben Axl Rose und Slash eindeutig bewiesen. Die ehemals zerstrittenen Köpfe der Band Guns N‘ Roses haben sich nach 23 Jahren endlich wieder versöhnt, und stehen mit Duff McKagan (ebenfalls seit den frühsten Anfängen dabei), Richard Fortus, Dizzy Reed, Frank Ferrer und der neuen Keyboarderin Melissa Reese für eine Reunion-Tour auf der Bühne, die nun schon über ein Jahr dauert. 

 

Am Mittwoch, dem 7. Juni 2017, war es endlich auch für die Schweizer Fans soweit. Im Letzigrundstadion in Zürich sollte die «Not in this Lifetime-Tour» gefeiert werden. Dies lockte Publikum jeglicher Altersklassen und wohl auch Musikgeschmacks an. Rocker standen neben Business-Männern, Kinder neben alten Bikern. Niemand wollte sich das Spektakel entgehen lassen. So war das Letzigrundstadion dann auch fast auverkauft. Eine organisatorische Herausforderung zusammen mit den extrem verstärkten Sicherheitsvorkehrungen (Taschen waren ebenso wenig erlaubt wie Nietengürtel, Ketten oder Selfie-Sticks), die erstaunlich gut gemeistert wurde – auch dank der sehr frühen Türöffnung um 16 Uhr.

 

Als erster Support standen Phil Campbell & The Bastard Sons auf dem Programm. Campbell war über 30 Jahre lang Leadgitarrist von Motörhead, und hat sich nun mit seinen drei Söhnen zur rockenden Familienkombo zusammengetan. Als zweite Supportband fungierte The Darkness. Die Briten haben 2003 mit «I Believe in a Thing Called Love» einen Hit gelandet, verschwanden danach aber als One-Hit-Wonder aus den Köpfen der Allgemeinheit. 

 

The Darkness fluchen 

 

Mitbekommen hat man von beiden Vorgruppen nicht viel, sofern man nicht gerade in den ersten Reihen stand. Die Vorfreude und teilweise Ungeduld auf Guns N‘ Roses liess keine allzugrosse Begeisterung im Publikum zu, was bei The Darkness-Frontmann Justin Hawkins zu einer Schimpftirade mit allerlei Fluchworten führte. 

 

Als kurz vor 20 Uhr (ziemlich pünktlich, was früher noch absolut nicht selbstverständlich war) endlich die Musiker von Guns N‘ Roses die Bühne betraten, kam augenblicklich Bewegung ins Publikum. Und der erste Song symbolisierte gleich so etwas wie das Motto des Abends – «It’s so Easy». Denn die Band spielte mit einer solchen Selbstverständlichkeit, und Lockerheit, dass man sich fragte, warum sie es sich so viele Jahre so schwer gemacht haben. Es scheint doch so einfach zu sein! Und – das merkte man immer wieder – es scheint den Hardrockern auch wirklich Spass zu machen.  

 

Allerdings muss der Mischer in der ersten knappen Stunde auf Hochtouren gelaufen sein, denn der Klang war richtig schlecht. Eigentlich ein No-Go bei Ticketpreisen über 200 Franken für einen Sitzplatz in der Kategorie 1. Kaum Variationen waren zu erkennen, aus den Boxen strömte ein einziger, undefinierbarer Brei und das legte sich zu Beginn merklich auf die Stimmung im Stadion. Gar Kracher wie «Welcome To The Jungle» wurden Opfer der anfänglichen Tonschwierigkeiten. Aber der Mann - oder das Team - hinter den Reglern rotierte offen hörbar und so war nach circa einer Dreiviertelstunde das Soundknäuel entwirrt, so ab Song 8 oder 9 war der Hörgenuss deutlich besser und mit «You Could Be Mine», der so richtig zündete, was das Konzert nach Song 10 auf gutem Weg. Je länger das Konzert, desto besser wurde der Sound. 

 

Was am meisten erstaunte, war Axl Roses Stimme. Unverkennbar war sie wie eh und je, meistens stabil und facettenreich. Das einzige, was dabei verwirrte, war die grosse Verzögerung auf den grossen Bildschirmen, die die Band optisch näher ans Publikum brachten. Auch Slash war gewohnt virtuos am Werk, schmetterte seine berühmten Soli gekonnt ins Publikum, und wechselte häufiger die Gitarre als Axl Rose seine Kleidung. Die ganze Band spielte routiniert zusammen, und schien sich wohl zu fühlen. 

 

Als hätte nie eine Trennung stattgefunden 

 

Über zweieinhalb Stunden spielten sich Guns N‘ Roses durch ihre vielen Hits und einige Covers (zum Beispiel «Black Hole Sun» von Soundgarden, oder ein Instrumental von «Wish You Were Here» von Pink Floyd). Und das ganze, ohne viele Worte zu verschwenden. Viele Songs gingen zu Ende, bevor man Axl Rose überhaupt einmal sprechen hörte, und auch dann nur, um die Band vorzustellen. Und, um in der Zugabe zu erklären, dass an jenem Tag sein geliebter Hund gestorben war, was wohl auch einigen hartgesottenen Kerlen im Publikum ein Tränchen ins Auge trieb. Ihm wurde das AC/DC-Cover «Whole Lotta Rosie» gewidmet, was Rose inzwischen ja auch im Schlaf beherrschen dürfte.

 

Grosse Showeffekte hat man sich während des Konzerts gespart, respektiv bis ganz zum Schluss aufgehoben. Die Musik wurde lediglich durch Animationen im Hintergrund unterstützt.

 

Ob magische Balladen wie «November Rain» oder «Don’t Cry», oder die Feger «Welcome to the Jungle» oder «Paradise City» – Guns N‘ Roses sind in Topform, und es fühlte sich als Zuschauer ein bisschen an, als hätte nie eine Trennung stattgefunden. Jedenfalls musikalisch, denn optisch hat der Zahn der Zeit - oder andere Einflüsse - schon an Axl gearbeitet. Duff dagegen wirkte trainiert und fit, wieselte mit Slash, der auch noch sehr vital zu sein scheint, über die Bühne. Im Grossen und Ganzen hat sich die Band gut gehalten und im Fokus stand an diesem Abend ja sowieso die Musik. Abgesehen von den anfänglichen Soundschwierigkeiten, hat diese sehr gut funktioniert. 

 

Guns N‘ Roses sind zurück. Bleibt zu hoffen, dass sich dieses Gefühl bei Fans und Band noch länger anhält, und man sich vielleicht sogar noch auf ein neues Album freuen darf.

 

Titelbild: Leser-Foto, das die Bühne kurz vor der Show zeigt. 

Seraina Schöpfer / Di, 13. Jun 2017