Gänsehaut- und Tanzfeeling

Konzertkritik: Ingrid Lukas und Choo Choo
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Ingrid Lukas

Das Konzert von Ingrid Lukas ist beliebt: Der Festsaal ist um 20 Uhr schon sehr gut gefüllt. Der Abend wird als Spezialfall angekündigt: Das Motto der Summer Sounds-Serie lautet ja «pure Swissness» – die heutigen Gäste – Ingrid Lukas und Choo Choo – klingen hingegen beide sehr international, im positiven Sinn.

 

Ingrid Lukas, die gebürtige Estin, die aber schon seit 1994 in Zürich lebt, hält dem Vergleich mit Björk durchaus stand. Sie selbst beschreibt ihre Musik als nordischen sphärischen Folk-Pop. Unterwegs ist sie mit ihrer Band, die vom ersten Ton weg brilliert. «Wir kommen gerade von unserer Europa-Tournee. Es ist schön, wieder in Zürich zu sein», begrüsst die 28-Jährige das Publikum in perfektem «Züridütsch».

 

Stolze Zürcherin mit bewegender Stimme

 

Ihre helle, absolut klare und sich mühelos in den verschiedensten Sphären bewegende Stimme sorgt für absolutes Gänsehautfeeling. Ihr Sound ist geprägt von Violine, Cello, elektronischen Beats und dem fast schon poetischen Schlagzeugspiel von Taktmeister Patrick Zosso. Von den beiden weiteren Bandmitgliedern Michel Gsell (Geige, E-Bass) und Céline-Giulia Voser (Cello, Klavier) wird Lukas gar stimmlich unterstützt. Sie präsentieren Songs ab ihrem zweiten und neuesten Album «Silver Secrets».

 

Die junge Sängerin, die als eine «der vielversprechendsten Stimmen Europas» gehandelt wird, zeigt sich fröhlich und gut gelaunt. Sie erzählt: «Wir kommen gerade aus London, wo wir einen Auftritt im House of Switzerland hatten. Es war einfach nur geil.» Und bei so vielen verschiedenen olympischen Nationen, sei ihr bewusst geworden, dass sie «eine Zürcherin und zwar eine stolze» sei. Was vom Publikum mit kräftigem Applaus goutiert wird. Ohne Zugabe wird die grossgewachsene Estin nicht von der Bühne gelassen. Zum Abschluss gibt’s ein wunderschönes Duett mit Michel Gsell und als allerletztes Stück «Silver Secrets» – der Titelsong der CD.

 

Von Bern über Schweden bis nach Cannes

 

Nach so viel Gefühl tut die kurze Pause gut. Die Bühne wird für die zweite Band des Abends vorbereitet: Choo Choo aus Bern, wobei mittlerweile zumindest die Hälfte des Quartetts nach Schweden übergesiedelt ist. Ab 22 Uhr präsentieren Dan, Yan, Sem und Lili fröhlichen, sonnigen Indie-Pop. Ihre Songs tragen Namen wie «The Sun» und «It‘s a good thing» – Schlagworte, die sich in ihrer Musik spiegeln.

 

 

Das Publikum ist nun deutlich dünner gestreut, was sicherlich auch an der vorgerückten Stunde liegt. Die Leute, die dageblieben sind, feiern aber kräftig mit und geniessen den neu gewonnenen Freiraum für Tanzeinlagen. Das zweite und neueste Album «CANNES» hat die Band in verschiedenen Etappen in Schweden aufgenommen – zusammen mit Produzent Kalle Gustafsson (Mando Diao). Die Band hat sich seit ihrem Garage-Rock-Debüt 2007 weiterentwickelt. Der Sound klingt reifer, aber trotzdem leicht und gepaart mit der Indie-Sound typischen Prise Melancholie.

 

Der gestrige Auftritt war auch für die Band speziell: «Das ist unser letztes Konzert», kündigt Sänger Dan an. Zumindest für dieses Jahr. Choo Choo machen jetzt eine Kreativ-Pause - hoffentlich nicht zu lange, denn die melodiösen Tracks und die tragende Stimme von Dan, unterstützt vom Rest der Band, machen Lust auf mehr.  

Linda von Euw / Do, 16. Aug 2012