Emotional, brachial - genial

Konzertkritik: Dry The River
Bildquelle: 
Hansjürg Stämpfli

Nach einem Auftritt als Support von The Antlers in St. Gallen und einem Festivalauftritt auf dem Gurten (Hier gibt es unser Interview mit Dry The River) besuchten Dry The River das erste Mal die Schweiz für einen Headliner Gig. Mit einem 80er Disco-Lied als Intro betreten die Briten um kurz nach Neun das gut gefüllte Plaza in Zürich. Mit dem Opener «Shield Your Eyes» beginnt das Konzert. Es fällt gleich auf, dass hier eine spannende Truppe auf der Bühne steht. Diese Spannung zeigt sich direkt in ihrer Musik. So sorgen Einflüsse aus verschiedenen Musikrichtungen für sehr abwechslungsreiche Klänge zwischen Folk und EMO. Die Band rund um den Sänger Peter Liddle zieht das Publikum gleich in seinen Bann. 

 

In der letzten Woche haben Dry The River ihr 365. Konzert innert drei Jahren gegeben. Es ist offensichtlich, dass hier Musiker auf der Bühne stehen, die mit Leidenschaft musizieren und in punkto Spielfreude kaum zu überbieten sind. So sagte der Bassist Scott Miller gegenüber Bäckstage.ch, dass sie im nächsten April vorhaben, ein neues Album herauszugeben, jedoch mögen sie die Aufnahme-Sessions nicht sonderlich - am liebsten gehen sie einfach raus auf die Bühne und spielen live! Durch die zahlreichen Auftritte haben sie auch ihre Songs stetig weiterentwickelt - so wird zum Beispiel «Demons» deutlich anders gespielt, als auf dem Album «Shallow Bed». Dem relativ ruhigen Ausklang der Albumversion steht in Zürich gegen Ende dieses Lieds ein epochaler musikalischer Ausbruch gegenüber.

 

Dry The River auf der Bühne. (© Hansjürg Stämpfli)

 

Bei «Weight & Measures» wendet sich der Sänger Peter Liddle vom Mikrofon ab und singt bis zur Mitte des Songs komplett ohne elektronische Verstärkung. Im Plaza herrscht eine gute Akustik, sogar das Gläserklirren an der Bar kann bis in die vordersten Reihen sehr gut gehört werden. Die abwechslungsreichen Songs des Konzerts balancieren zwischen Pathos, Melancholie, Emotionalität und Bombast - ohne die Grenze zum Kitsch jemals zu überschreiten. So singt sich Peter Liddle mit seiner Falsett-Stimme fast komplett durch das bislang einzige Album «Shallow Bed» (Unsere CD-Kritik). Als letztes Lied des regulären Sets spielen sie „Lion’s Den“. Hierbei brechen sie gegen Ende des Songs komplett aus und Gitarrist Matt Taylor legt ein Gitarren-Solo ein.

 

Für die Zugabe packt Peter Liddle seine akustische Gitarre aus und die ganze Band begiebt sich mitten ins Publikum, das die Musiker mit ihren Telefonen beleuchten soll. Mit einem völlig unplugged gespielten «Shield Your Eyes», bei dem sie vom Publikum mit Fingerschnippen unterstützt werden, beenden Dry The River nach nicht ganz einer Stunde ein grandioses Konzert. Wenn das nächste Album auch so gut sein wird wie die Debütplatte und die Spielfreude nicht verloren geht, so hat diese Truppe eine grosse Zukunft vor sich! 

Hansjürg Stämpfli / Sa, 10. Nov 2012