Cold War Kids rocken das Plaza

Konzertkritik Cold War Kids im Plaza
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Facebook: Cold War Kids

Einmal mehr war das Plaza in Zürich restlos ausverkauft. Die allseits gehypten Cold War Kids gaben sich nämlich für ein exklusives Schweizer Konzert die Ehre und brachten als Support die Kalifornier von Milo Greene mit.

Obwohl die Mehrheit des Publikums diese Tatsache wahrscheinlich nicht wahrgenommen hatte – die meisten Anwesenden waren wohl sehr begeisterte Cold-War-Kids-Fans: Die Vorband Milo Greene vermochte an diesem Abend im Plaza viel mehr zu überzeugen als die Hauptband. Aber dazu später mehr.

Der Konzertraum füllte sich sehr schnell, als das Quintett Milo Greene kurz nach acht Uhr auf die Bühne trat. Trotz vieler Gespräche im Publikum legte die Band motiviert und zügig los. Ihren Musikstil bezeichnen sie selber als Cinematic-Pop. Ihre Idee seit der Gründung war es, Musik zu komponieren, die als Soundtrack funktionieren kann. Wenn man diese Hintergrundinfo nicht hat, würde man die Band als Indie-Rockband mit elektronischen Elementen einstufen. Man spürt jedoch deutlich die dichte Instrumentalisierung heraus und oft enthalten die Songs sphärische Abschnitte mit langen, gehaltvollen Instrumentalparts, die sich meistens wieder steigern und in Instrumentengewitter ausbrechen. Zu viert wechselten sie sich stets mit dem Hauptgesang ab, oft begleitet vom Chorgesang der Bandkollegen. Schon alleine das schaffte eine gute Spannung während des Konzertes. Jeder der drei Sänger und auch die Sängerin hatte ihren ganz eigenen Stil und diese Abwechslung verlieh jedem Song eine differenzierte Note.

 

Der Sound war druckvoll - auch dank dem immerzu perfekt abgemischten Sound im Plaza - und die sorgfältig verteilten Steigerungsverläufe und Tempiwechsel erzeugten eine gute Stimmung. Geschickt im Set platziert war das Cover von Sufjan Stevens Hit «Chicago«, denn schon bald wippte das Publikum dankbar und enthusiastisch mit.

 

wunderschön und erfreulich anzusehen und obendrein unheimlich spannend


Es war äusserst interessant, Milo Greene auf der Bühne zu beobachten. Man erlebt selten, dass jeder Musiker in einer Band zum Zug kommt und jedem einzelnen genug Raum gelassen wird, sich zu entfalten. Bei dieser jungen Band scheint das kein Problem zu sein - jeder steht einmal im Vordergrund und kann beweisen, was in ihm (oder ihr) steckt. Das ist wunderschön und erfreulich anzusehen und obendrein unheimlich spannend.

Milo Greene haben seit dem Sommer 2012 ein Album draussen. Sie werden noch viel davon profitieren, dass sie mit Cold War Kids auf Tour sind, denn sie hinterlassen einen bleibenden und durchwegs positiven Eindruck. Eine junge Band, die es auf jeden Fall noch zu was bringen wird. Das Publikum würdigte Milo Greene dann leider nur mit einem relativ kurzen End-Applaus und wartete sehnsüchtig auf Cold War Kids.

Die ersten Minuten dieser vielerorts hochgelobten Band liessen dann auch auf einiges hoffen. Laut und wuchtig gings los, die Musik stürmte nur so davon – was aber schon nach wenigen Takten plötzlich beinahe störend dazwischenfunkte, war die Stimme des Sängers Nathan Willett. Seine spezielle, hohe und krächzende Art zu singen entwickelte sich live über die Verstärkung des Mikrofons zu einem gepressten Quietschen. Was auf den Studioaufnahmen und aus den Lautsprechern zu Hause noch cool und abwechslungsreich wirkte, wurde live zu einem irgendwie nervigen Störfaktor.

 

Eine Hit-Maschine


Eine etwas missliche Lage, denn die Musiker und die Soundqualität waren ausgezeichnet und die Band überzeugte mit tollem Zusammenspiel und einer soliden musikalischen Leistung. Das Cold War Kids praktisch eine Hit-Maschine ist, davon konnte man sich an diesem Abend eindeutig überzeugen und auch die neuen Songs aus ihrem kürzlich veröffentlichten Album Dear Miss Lonelyhearts kommen live wunderbar rüber. Auch sie kommen aus dem Indie-Rock und bewegen sich dort in einem Musikstil, der mittlerweile von vielen Bands kopiert wird. Mit treibender Perkussion, schrammelnden Gitarren, einem Händchen für gutes Songwriting und dem Geheimrezept einer ganz speziellen Stimme, die ungewohnt prägnant eingesetzt wird, erspielten sich Cold War Kids seit der Gründung 2004 eine grosse Fangemeinde.

Das Publikum schien der etwas unpassende Gesang nicht gross zu stören, kein Wunder: es sang bei jedem Hit lautstark mit und übertönte Willett um mehrere Dezibel. Auch wenn die Band zu ihrer vollen Wucht ansetzte, war von ihm nicht mehr viel zu hören. Wenn man also nicht ganz so geblendet vom Fan-Sein war, dann hinterliess diese Situation leider einen etwas bitteren Beigeschmack.

 

Milo Greene stimmten an diesem Abend als harmonisches Gesamtpaket und stahlen somit der Hauptband beinahe die Show. Die starke Bühnepräsenz, die eingängigen Songs und die Spielfreude, welche die Band mitbrachten, beeindruckten auf der ganzen Linie und liessen Cold War Kids in den Hintergrund fallen. Cold War Kids funktionierten als Band, harmonierten aber nicht mit dem Sänger. Deshalb überzeugte der Support ausnahmsweise mehr als der Hauptact.

Nichtsdestotrotz, war es ein durchwegs unterhaltsamer und musikalisch hochstehender Konzertgenuss. Vor allem der Vorband wegen. Milo Greene – diesen Namen sollte man sich merken.

Natascha Evers / Mo, 29. Apr 2013