Die schönste Bucht der Schweiz hat gerockt!

Festivalkritik: Seaside Spiez
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Bäckstage / © Lisa Stettler

Sonntagnacht um halb eins beendete Lokalmatador Trauffer seinen Auftritt und ein Feuerwerk das erste Seaside-Festival in Spiez. Nach zwei Tagen voller Musik, einem Wahnsinns Food Angebot und ausgelassener Stimmung, wird in der Bucht langsam aber sicher Ruhe einkehren.

 

34 ½ Stunden vorher, am Freitagnachmittag, hatten die Jungs von Hecht die ehrenvolle Aufgabe, das Festival zu starten. Wer dachte, dass die Jungs an einem Freitagnachmittag um 14 Uhr vor einer fast leeren Wiese spielen müssen, hatte sich getäuscht. Bereits einige tausend Leute fanden kurz nach Türöffnung den Weg an den Thunersee. Schon kurz nach Festivalbeginn war die Stimmung bestens, Leadsänger Stefan Buck forderte die Herren auf, ihre Frauen auf den Schultern zu tragen, schliesslich sei das ein Festival und da gehört das dazu. Er selber schnappte sich ebenfalls einen starken Mann und liess sich huckepack bei «Adam und Eva» durchs Publikum tragen. 

 

Pegasus hatten es im Anschluss nicht schwer, das Publikum trotz brütender Hitze zum Tanzen, Hüpfen und Singen zu animieren. Wem es doch noch zu heiss war, kühlte sich in den nahegelegenen «Strämi» direkt im Thunersee ab. Der Eintritt ins Strandbad war mit dem Festivalbändel inbegriffen und es wurden fleissig Badehosen vermietet. Auf dem ganzen Gelände herrschte eine gemütliche und entspannte Stimmung. Die riesige Auswahl an Essensständen, vom Asiaten bis hin zur Cervelat, bot für jeden Geschmack etwas.

 

Galerie mit Rea Garvey, Lo&Leduc, Status Quo, Emeli Sandé, Züri West und mehr. (Fotos: © Lisa Stettler)

 

Der Freitag kristallisierte sich durch das Line-up als Familientag heraus. Es waren viele Kinder zu sehen und überall waren Decken und Tücher ausgelegt, die Leute genossen es sichtlich, dass der Sommer sich nochmal von seiner besten Seite zeigte. Die jeweils 45 Minuten Umbauphasen zwischen den einzelnen Acts liess sich so mühelos überbrücken, ohne Langeweile aufkommen zu lassen. Die drei Bieler von Pegasus dankten es den Zuschauern sogar mit einer kleinen Session direkt vor der Bühne, nicht nur für Fans ein Highlight.

 

Züri West, welche nach einer längeren Bühnenabstinenz wieder unterwegs sind, bestritten den späteren Nachmittag auf der Bühne direkt unter dem Niesen, dem Spiezer Hausberg, der ebenfalls das Logo des neuen Festivals ziert. Nach einem noch etwas zaghaften Start holte sich die Band rund um Kuno Lauener mit einer bunten Mischung aus bekannten Hits und Songs vom neuen Album «Love» die Gunst der Zuschauer, welche ihnen im Chor das Herz schenkten. 

 

Emeli Sandé Probleme mit der Stimme?

 

Bevor Emeli Sandé, die einzige Sängerin an diesem Wochenende, die Bühne betrat, hiess es wortwörtlich «Vorhang runter» für Rea Garvey. Der sympathische Ire hatte keine Probleme die Zuschauer auf seine Seite zu ziehen, mit viel Charme und Liebe flutete er die Bucht und unterhielt das Publikum bestens. Den kleinsten Zuschauern dürfte der bunte Konfetti-Regen an diesem sonnigen Tag am besten gefallen haben. Begeistert wurden die orangen Werbe-Hüte mit Konfetti gefüllt und die Papierfetzten anderweitig neu verstreut. Natürlich durfte der Hit «Supergirl» aus Reamon-Zeiten nicht fehlen. Da sich der gute Rea immer mal wieder in Erzählungen verlor, musste die Zugabe leider aus Fairness gegenüber Emeli Sandé und den darauffolgenden Lo&Leduc leider ausfallen. Hätte man da schon gewusst dass Frau Sandé es vorzieht unbegründet 15 Minuten eher aufzuhören, wären gut noch ein, zwei Songs des Iren dringelegen.  

 

Emeli Sandé besitzt eine grandiose Soulstimme, die Sie bei ihrem Hit «Hurts» spielen liess und so das Publikum begeisterte. Die Stimmung vor der Bühne wurde merklich ruhiger, die davor noch tanzende Menge lauschte bedächtig den Songs. Über das vorzeitige Ende konnte nur spekuliert werden, es schien als wäre die Stimme der 30-jährigen Engländerin doch nicht ganz auf der Höhe gewesen.

 

Lo&Leduc wussten jedoch, in ihrer gewohnten Art, sofort wieder Stimmung ins Publikum zu bringen - als hätte es die stündige Unterbrechung gar nicht gegeben. So wurde bis nach Mitternacht gefeiert und getanzt. Die beiden Mundart-Rapper feierten ihren Tourabschluss am Thunersee und brachten dem ersten Festivaltag ein würdiges Ende. 

 

Tag zwei mit doppeltem Quinn 

 

Das Line-up für Tag zwei liess schon lange vor Beginn vermuten, dass der Altersdurchschnitt doch etwas höher liegen würde als noch am Freitag. Mit Krokus und Status Quo standen zwei bekannte Rockbands im Zentrum des Geschehens. Den Nachmittag bestritten Span, The Hooters und Manfred Manns Earth Band. Bevor es mit einsetzender Dämmerung zu den Rockern von Krokus rund um Chris von Rohr und Marc Storace ging. Von Rohr, bekannt für seine doch ungeschönten Aussagen, war in seinem Element. Als die Formation «Mighty Quinn» anstimmte, blickte man dann doch in teils verdutzte Gesichter. Natürlich wurde der Song auch bereits von anderen Bands gecovert. Jedoch einen Song auf die Setlist eines Festivals zu setzen, bei dem einige Stunden vorher Manfred Manns Earth Band ihr weltbekanntes Cover des von Bob Dylan geschriebenen Songs aus dem Jahr 1968 zum besten gegeben haben, das muss man sich auch erst mal trauen. Ob man das jetzt mutig oder unnötig findet, sei jedem selber überlassen. Das Repertoire von Krokus wäre gross genug, so ein Doppelspiel zu vermeiden, allerdings ist der Song auch sonst regelmässig im Set der Schweizer. Der Stimmung tat es keinen Abbruch. Die Solothurner Band bereitete die 10`000 Festivalbesucher stimmungsmässig genau richtig auf den ersehnten Auftritt von Status Quo vor. Der Samstag war auch bereits eine Woche vor Festivalbeginn gänzlich ausverkauft. 

 

Dann war es soweit, die Londoner von Status Quo stürmten die Bühne und verwandelten die Bucht in einen Rock-Schlund. Selbst der VIP-Bereich erzitterte unter den hüpfendenden und feierenden Leuten im oberen Deck. Mit Hits wie «InThe Army Now» oder «Rockin All Over The World» und Gitarrensolos begeisterten sie nicht nur die eingefleischten Fans vor der Bühne. Die Formation rund um Frontman Francis Rossi, liess den Leuten kaum Zeit zum Verschnaufen und lieferte während 1 ½ Stunden eine Show vom feinsten.  

 

Der Stilbruch zum Abschluss mit Trauffer war schon etwas speziell. Leicht lichteteten sich gegen halb 12 so auch die Reihen vor der Bühne. Aber der immer noch beachtlichen Menge der vielen Besucher aus der Gegend war klar anzusehen, dass der «Alpentainer» nochmal alles aus ihnen rausholen konnte, bevor sich die Leute nach einem gelungenen, zweiten Festivaltag auf den Heimweg machten.

 

Die Organisatoren können auf die gelungene Lancierung eines neuen Festivals zurückblicken. Es ist zu hoffen das die Schlussbilanz ebenfalls positiv ausfällt und es auch im nächsten Jahr wieder «Ahoi» heisst in der schönsten Bucht der Schweiz. 

 

Lisa Gosteli / Mi, 30. Aug 2017