Wer sind die 12 Monkeys?

Serien-Kritik: 12 Monkeys Staffel 1
Bildquelle: 
Universal Pictures AG

2013: Cassie Railly wird nach einem Vortrag von einem Unbekannten in ihrem Auto überrascht. Erst glaubt sie an einen Überfall, aber der Mann will sie überzeugen, dass er aus der Zukunft stammt. Innert weniger Minuten muss sie entscheiden, ob sie ihm glaubt. Er sagt, dass vier Jahre in der Zukunft eine Seuche grosse Teile der Menschheit auslöschen werde. Sirenen heulen, der Mann bittet sie bedeutungsvoll, in zwei Jahren in einer Bar in Philadelphia auf ihn zu warten. Dann löst er sich vor ihren Augen in Luft auf. Sein Name ist Cole und seine Mission entscheidet über das Schicksal der Menschheit.

 

Tatsächlich treffen sie sich zwei Jahre später. Cassie ist inzwischen psychisch etwas angeschlagen, weil sie nicht weiss, wie sie mit der Erfahrung bzw. dem plötzlichen Verschwinden des Unbekannten aus der Zukunft umgehen soll und an ihrem Verstand zweifelt. Durch das erneute Auftauchen von Cole löst sich das in Luft auf und er erklärt Cassie jedoch, dass die Welt durch die Seuche sprichwörtlich vor die Hunde ging. Doch Wissenschaftler hätten eine Art Reset Button gefunden, um die Vergangenheit zu ändern. Dann platzt die Bombe. Beim Kampf gegen die Seuche sei Cassie gestorben. Zuvor hätte sie noch eine Nachricht abschicken können. Diese besagt, dass ein Leland Frost verantwortlich für die Seuche sei. Diese Nachricht ist quasi die Mission von Cole. Er soll mit Hilfe von Cassie den besagten Frost finden und die Zukunft retten. Der Haken dabei ist, dass Coles Zeitachse neu geschrieben und er verschwinden würde, wenn er erfolgreich sein sollte. So weit die Theorie.

 

 Cole (links) und Cassie (Mitte) müssen auf ihrer Mission schon mal diplomatisch vorgehen. (© Universal Pictures AG) 

 

Cole stellt sich schnell äusserst radikal an, sieht alle Menschen bereits als tot an und geht bei erster Gelegenheit auf Frost los. Das hat zur Folge, dass Cole überwältigt wird. Frost eröffnet Cole, dass er ihn kennt und dass sie sich Mitte der Achtziger getroffen hätten bzw. noch würden. Und dann erwähnt er die Armee der 12 Monkeys, die die Welt zerstören würde. Durch einen Trick können Cole und Cassie fliehen. Cole tötet Frost und die Welt müsste gerettet sein. Ist sie aber nicht. Der einzige Anhaltspunkt sind nun die ominösen 12 Monkeys. Wer sind sie? Was hat der geheimnisvolle Bund vor? Und wie passt Jennifer, die Tochter von Frost, die in der Psychiatrie sitzt, ins Puzzle? Und dann ist da noch die Tatsache, dass Cole durch die Zeitsprünge geschwächt wird und irgendwann sterben wird. Wie viel Zeit bleibt ihm?

 

Zeitsprünge als Hoffnungsschimmer

 

Die Prämisse scheint schnell klar und der stringente Thriller vorbereitet. Aber schnell entwickelt sich «12 Monkeys» in eine komplett andere Richtung. Die Handlung um Frost dient nüchtern betrachtet wohl eher der Einführung der Zeitreisethematik und seiner Tochter Jennifer. Ab dem Moment, wo der Zuschauer merkt, dass die Zeitreisen von Cole nicht immer das erhoffte Ergebnis bringen, eröffnen sich neue Ansätze. Plötzlich ist der Kern der Serie nicht mehr Frost, sondern es sind die Zeitsprünge und die Frage, wie erfolgreich sie sind. Mehrere Zeitreisen führen ins Leere. Dadurch baut sich die Situation narrativ immer wieder neu auf und so werden je länger die Serie läuft, mehr Infos ins Gesamtkonstrukt eingefügt.

 

Welche Rolle spielt Jennifer und wieso ist sie der Klinik? (© Univesal Pictures AG

 

Erzählerisch ist das geschickt, um die Spannung zu halten, denn als Zuschauer weiss man, das Cole irgendwann nicht mehr in der Zeit reisen kann. Gleichzeitig weiss man aber nie, wann es so weit sein wird und wer neben ihm stirbt und - fast noch interessanter - auch wirklich tot bleibt. Schliesslich kann in die Zeit eingegriffen werden. Der Nachteil daran ist, dass «12 Monkeys» ein Mindestmass an Aufmerksamkeit voraussetzt, weil man schnell etwas verpasst. Fast jeder Zeitsprung verrät ein kleines Details zur übergeordneten Geschichte und so langsam setzt sich das Mosaik zusammen. Mehr als einmal wird die Serie in eine völlig andere Richtung gelenkt, sodass die beiden Hauptzeitachsen, die Jahre 2015 und 2043, jeweils betroffen sind, wenn Cole nicht geschickt agiert. Seit «Back to the Future» kennt der Kinofan ja das «Raum-Zeit-Kontinuum». Das wird zwar in der Serie nicht direkt namentlich angesprochen, geht aber auch auch in Richtung «Handlung gleich Auswirkung auf die Zukunft». Und sich selbst treffen sollte man auch hier nicht.

 

Die Serie basiert auf dem Kultfilm «Twelve Monkeys» von Terry Giliam. Im Film von 1995 spielte Bruce Willis die Hauptfigur Cole und Brad Pitt hat sich endgültig als Schauspieler Respekt abgeholt. Sowohl der Film als auch die Serie basieren auf der Kurzgeschichte «Am Rande des Rollfelds» von Chris Marker aus dem Jahre 1962. Terry Gilliam war allerdings wenig erfreut als er von den Plänen einer Serien-Adaption hörte, zumindest wenn man diversen Medienberichten glauben kann. Die Intensität seiner Spielfilmadaption erreicht die Serie tatsächlich nie. Aber sie gibt der Geschichte etwas mehr Zeit, sich zu entfalten. Allerdings entstehen durch den einen oder anderen Zeitsprung Längen. Eine verkürzte Staffel mit zehn Folgen wäre vielleicht keine schlechte Wahl gewesen. Auch, weil eine zweite Staffel bereits in Produktion ist. Aber für Freunde von Science Fiction ist «12 Monkeys» sehr unterhaltsam. 

 

Film und Serie konkurrenzieren sich nicht gross, sondern interpretieren unterschiedliche Ansätze einer Kurzgeschichte. Ob die Serie den gleichen Status wie der Film bekommt, wird die Zeit zeigen. Interessant ist die Thematik noch immer. 

  • 12 Monkeys (USA 2014)
  • Regie: David Grossman
  • Darsteller: Aaron Stanford Amanda Schull Barbara Sukowa
  • Laufzeit: ca. 558 Minuten
  • Im Handel: 11. August 2016

 

 

Patrick Holenstein / Mi, 10. Aug 2016