Empire: Lyon versus Lyon - part two

Serien-Kritik: Empire Staffel 2
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© 20th Century Fox Home Entertainment

Die zweite Staffel von «Empire» setzt unmittelbar nach den Ereignissen aus der ersten Staffel an. Lucious Lyon (Terrence Howard) sitzt im Gefängnis. Der impulsive Firmenchef von «Empire» lässt sich aber auch hinter Gittern die Fäden nicht aus der Hand nehmen und so steuert er über seinen mittleren Sohn Jamal (Jussie Smollett), der die Stellvertretung übernimmt, das Plattenlabel. Das passt allerdings seiner Ex-Frau und -partnerin Cookie (Taraji P. Henson, eben für «Hidden Figures» für einen Oscar nominiert) überhaupt nicht. Vordergründig organisiert sie Benefizkonzerte, um Lucious aus dem Knast zu holen, hinter den Kulissen schreckt sie vor keinem Trick zurück, um sich Empire zu schnappen und würde ihren Ex am liebsten in Einzelhaft schmoren lassen. Hilfe hat sie - wenigstens teilweise - vom jüngsten Sohn Hakeem und von der durchtriebenen Mimi Whiteman (Herrlich zweideutig: Oscar®-Gewinnerin Marisa Tomei). 

 

Die ersten paar Minuten der zweiten Staffel von «Empire» machen die Verhältnisse glasklar. Cookie geht über Leichen, um sich die Plattenfirma Empire zurückzuholen. Lucious ist eigentlich ein Schwerverbrecher, der über Leichen geht. Cookie weiss das nur zu gut, stilisiert ihn aber zu Ikone, haut Schlagwörter raus, um Lucious aus dem Knast zu bekommen. Das funktioniert im Kontext als Kritik an Webinhalten. Stichwort: Fake News. Lucious denkt aber sowieso nur an sich und an seine Familie, wobei das eh als Synomyn zu verstehen ist: er gibt den Ton an! Hakeem ist ein verwöhnter Bengel, der sich nach dem Wind richtet und Narzissmus als zweiten Namen im Pass stehen hat. Er spannt mit Cookie zusammen, so lange er sich einen Vorteil verspricht. Vor lauter Trotz verbaut er sich aber oft Chancen, weil er gegen die Eltern rebelliert. Der mittlere Sohn Jamal will einfach nur in Ruhe seine Soulmusik machen. Irgendwo zwischen John Legend und Alicia Keys, die in der Serie eine kleine Rolle spielen darf. So reflektiert die Serie hauchzart Alicia Keys Rolle in der Musikbranche: Fansicht versus Selbstbild. Diese Metaebene ist sehr gelungen.

 

Das Streben nach Macht 

 

Das Duett zwischen Jamal und Skye (Alicia Keys) gehört dann zu besten musikalischen Momenten in der zweiten Staffel. Es zeigt die Gegensätze von zwei talentierten Menschen. Jamal hat die Freiheit, zu singen und zu sein, wie er will und alle diese Gefühle legt er in die Musik. Skye dagegen spielt eine Rolle, wagt sich für dieses eine Duett aus der Komfortzone und bezahlt teuer dafür. Der dritte Sohn, Andre, lässt sich von Lucious aushalten und hat null Rückgrat. Philadelphia gehört den Lyons und jedes Familienmitglied beneidet das andere um jeden Dollar. Egos treffen aufeinander und die Fronten sind so verhärtet, dass nicht einmal die Familie zwischen Lucious und Cookie vermitteln kann. Da ist zu viel passiert und die Söhne, allesamt nach Aufmerksamkeit der Eltern strebend, werden gnadenlos manipuliert und ausgespielt. Gleichzeitig steht die «Nach mir die Sintflut»-Mentalität von Ex-Gangster und Musikguru Lucious ihm selbst im Weg. Es geht einzig um das Streben nach Macht.

 

Als dann Hakeem eine Girlband aufbaut, begibt sich Lucious in direkten Konkurrenzkampf zu seinem Sohn und baut eine Rapperin aus der Gosse auf. Der Machtkampf kann beginnen und er wird hässlich. Aber das ist nur ein Handlungsbogen, «Empire» hat noch viel mehr auf Lager. Von Drogen über Mord bis zu Sex ist alles dabei und allzu oft kann die zweite Staffel nicht verstecken, dass sie im Grunde eine Soap ist. Damit spielt das Drehbuch aber sogar, in machen Szenen sind die Figuren arg überspitzt gezeichnet. Etwas mehr Zeit für die Figuren und ein Handlungsstrang weniger, wäre mehr gewesen. Das zeigt sich schön an der Figur von Hakeem, der zum Teil unterträglich assozial handelt. Dadurch wird Cookie oft bis an den Rand des Erträglichen getrieben und darf genau dieses Quäntchen Wahnsinn zelebrieren, das so eine Figur spannend macht. Zwar eingedeutscht, aber auf den Punkt gebracht von Cookies Schwester: «Wenn du in 17 Jahren Knast etwas gelernt hast, ist das, dich anzuziehen wie ein Affe und zu reden wie ein Pimp.» Das bringt die oft aggressive und leicht native Attitüde perfekt auf den Punkt. Allerdings braucht eine Drama-Serie wie «Empire« genau solche Überspitzungen und das Darsteller-Duo Taraji P. Henson und Terrence Howard sind pures Gold und allein schon wert, die zweite Staffel zu schauen. 

 

Dass die Serie nicht nur auf aktuelle Tendenzen, was Internet und Social-Medie-Nutzung bzw. Ausnutzung eingeht und Bezug nimmt, sondern auch auf das Geschehen in der realen Musikwelt, könnte sich am Beispiel der Verhandlungen mit dem fiktiven Streaming-Dienst «Swiftstream» zeigen, bedenkt man den Zwist, den Taylor Swift bekanntlich mit Apple hatte. Diese Meta-Ebene macht bei «Empire» immer wieder viel Spass und sorgt für das eine oder andere Schmunzeln. Und zum Schluss sei die Musik nicht vergessen, den alle Songs sind für die Serie neugeschrieben worden. Viele davon von Timbaland. 

 

Gelegentlich ist der Fokus etwas gar stark auf den Soap-Elementen, statt hinter die Kulissen des Business‘ zu blicken. Wer aber Staffel 1 mochte und R’n’B mag, ist in der Lyon-Welt goldrichtig.

  • Empire Staffel 2
  • Besetzung: Terrence Howard, Taraji P. Henson, Jussie Smollett, Marisa Tomei, Bryshere Y. Gray, Alicia Keys
  • Laufzeit: ca. 13 Stunden in 18 Episoden 
  • In Handel: ab Februar 2017

 

 

Patrick Holenstein / Do, 16. Mär 2017