Tony Stark mal ganz anders

Movie-Kritik: The Judge
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© 2014 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved.

Erfolgreicher, exzentrischer und hochgradig arroganter Staranwalt (Robert Downey Jr., «Iron Man») kommt von der Grossstadt Chicago zurück in sein provinzielles Heimatdorf Carlinville, Indiana. Dort muss er erstmal seine Mutter beerdigen. Als er im Elternhaus auf seinen Vater (Robert Duvall, «Apocalypse Now») trifft, der über 46 Jahre als angesehener Richter tätig war, entfachen sich alte Konflikte von neuem und an Stelle einer warmherzigen Wiedersehens-Umarmung, schüttelt ihm «der Richter» lediglich die Hand. 

 

Nicht die Geschichte, sondern die Schauspieler brillieren

 

Als wäre die familiäre Situation nicht schon vereist genug, wird der Richter auch noch wegen Mordes angeklagt und Henry soll für seinen Vater einen Freispruch erkämpfen. Dies ist jedoch lediglich der Wunsch seiner Brüder Glen (Vincent D’Onofrio, «Escape Plan») und Dale (Jeremy Strong, «Zero Dark Thirty»). Der Richter selbst weigert sich vehement, Henry als Anwalt zu akzeptieren. Er wählt für diese Herkulesaufgabe lieber einen Anfänger, der sich erstmal 15 Minuten lang vor dem Gerichtssaal übergeben muss, bevor er bereit für die Verteidigung seines Mandanten ist. Was sich bereits nach reichlich Kopfzerbrechen anhört, wird nur noch verschlimmert durch Henrys alte Jugendliebe Samantha (Vera Farmiga, «Goats»), die einfach nur verdammt gut aussieht und auch noch nach Jahren Henry wie magisch anzieht. Tatsächlich könnte Henry gerade eine neue Liebe in seinem Leben gebrauchen, schliesslich steht ihm eine Scheidungsschlammschlacht bevor, sobald er wieder in Chicago ist. Seine Frau lag nämlich aus Versehen im Bett eines andern. Doch auch das ist lediglich ein Nebenschauplatz in Henrys Leben, denn im Grunde geht es nur um eines: Mit den familiären Konflikten der Vergangenheit endlich aufzuräumen, bevor es vielleicht bald zu spät ist.

 

Bild 1: Nach Jahren treffen sich Vater und Sohn wieder und (Bild 2) sie müssen zusammen vor Gericht antreten. (Mit Maus über Bild fahren.)

 

Es ist schon so, dass man all diese Elemente bereits in diversen Filmen gesehen hat: Der hochnäsige Staranwalt, der auf den Boden der Tatsachen zurück geschleudert wird. Die immer schöner werdende erste Liebe, die einem dem Kopf verdreht. Der grimmige Vater, der seinem Sohn einen Teenager-Fehltritt nicht verzeihen mag. Trotz dieser Tatsache wird einem beim Zuschauen bei «The Judge» keine Sekunde langweilig. Das liegt in erster Linie an den humoristischen Einschüben, die vor allem die beiden Hauptdarsteller Downey Jr. und Duvall einfach unverschämt gut beherrschen. So wird auch die teilweise ernste Materie aufgelockert und man muss immer wieder Schmunzeln, wenn die beiden Streithähne aneinander geraten. Überhaupt kann man Regisseur David Dobkin («Wedding Crashers» und «Shanghai Knights») zu der Wahl seiner Hauptdarsteller gratulieren. Von Downey Jr. weiss man ja bereits, dass er selbstverliebte Rollen, wie den Tony Stark in Iron Man, ohne Probleme meistert und das noch so gerne. In diesem Film fühlt man sich jedoch eher zu seiner Performance im Film «Chaplin» zurückversetzt, wo er ebenso glaubwürdig tiefsinnig wie berührend gespielt hat. Eine willkommene Abwechslung ihn erneut so zu sehen. Daneben das Filmurgestein Duvall, das auf eine 52-jährige Filmbiographie blicken darf. Einfach grandios, wie er den mürrischen und stolzen Richter bzw. Vater spielt. 

 

Somit ist «The Judge» ein Film, der zum Nachdenken anregt, amüsiert und das Kinopublikum 140 Minuten lang unterhalten kann, auch wenn die Geschichte nicht völlig neu erfunden wurde. Durch die grossartigen Schauspieler wird der Film dennoch zum Kinohighlight.

 

  • The Judge (USA 2014)
  • Regie: David Dobkin
  • Darsteller: Robert Downey Jr., Robert Duvall, Vera Farmiga, Billy Bob Thornton, Vincent D’Onofrio
  • Laufzeit: 142 Minuten
  • Kinostart: 16. Oktober 2014

 

Bilder: © 2014 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved. 

Selina Berner / Mi, 15. Okt 2014