Soundcircle Festival: Routine ist gefährlich

Interview mit Simon Fasnacht/Soundcircle
Bildquelle: 
www.soundcirclefestival.ch / © Gian Gemperli

Das Soundcircle Festival fand 2014 zum vierten Mal statt…

Genau, zumindest zum vierten Mal unter dem Namen Soundcircle. Es hat einmal «Rock Amphi» geheissen, beim ersten Mal im jugendlichen Leichtsinn. Wir haben daraus viele Lehren gezogen. Etwa zehn Nachwuchsbands hatten wir auf einer Bühne. Das war cool, wir haben aber gesehen, dass man noch einiges ändern muss.

 

 

Ist die Organisation bereits Routine oder ist es noch immer eine Herausforderung?

Ich glaube, es ist sehr gefährlich wenn Routine ins Spiel kommt. Vor allem, wenn man es in einem nicht ganz professionellen Rahmen macht. Ausserdem haben wir immer wieder neue Leute, die ins OK eintreten. Die bringen immer auch neue und interessante Sichtweisen und Ideen ein, zeigen uns einfache Wege auf, auf die wir in unserer Routine gar nicht gekommen wären. In gewissen Bereichen macht es aber natürlich auch Sinn, Erfahrung zu haben. Nur schon im Umgang mit den Bands, dem Booking und so weiter. Wir waren alle Laien auf diesem Gebiet, und das sind wir zum Teil auch heute noch.

 

 

Aus wie vielen Personen besteht das Team?

Wir haben ein Kern-OK von fünf Leuten und mit den verschiedenen Ressorts sind wir gut 20 Leute. Was auch eine Verbesserung zu früher ist. Damals waren wir viel zu wenig breit abgestützt.

 

 

Wo liegt die grösste Herausforderung bei der Organisation?

Eine der grössten Herausforderungen war das Bilden des Teams, so dass alle etwa die gleich Grundvision haben. Diese haben wir auf dieses Jahr auch klarer definiert, also was wir sind, was wir sein wollen. Da sollte das ganze Team dahinter stehen. Eine andere grosse Herausforderung ist natürlich der finanzielle Bereich. Es arbeiten alle ehrenamtlich und wir sind natürlich froh, wenn wir am Ende eine schwarze Null erreichen. Da müssen wir uns in Zukunft auch in Bezug auf Sponsoren besser absichern. Aber das wussten wir von Anfang an. Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg. Es wird oder ist ein Festival, das man auch besuchen WILL, bei all den vielen Openairs in der Schweiz. Den Besuchern ist es egal, ob das Festival professionell ausgerichtet wird oder alles ehrenamtlich geschieht. Sie messen es an dem Standard, den sie von anderen Orten kennen.

 

 

Gab es dieses Jahr grosse Veränderungen zu den letzten Malen?

Am Grundkonzept haben wir nicht viel geändert. Wie gesagt, klarer definiert, was wir sein wollen, auch das Programm klarer definiert und umgesetzt. Für den Besucher bleibt aber vieles im gleichen Rahmen. Wir haben viel Gewicht auf das Rahmenprogramm gelegt, um Alternativen und Abwechslung zu bieten. Ausserdem haben wir in die Beleuchtung und die Atmosphäre investiert. Bisher hat alles etwas roh und kühl gewirkt. Wir versuchen, uns kontinuierlich zu verbessern und zu wachsen, aber wir wollen nicht das Rad neu erfinden.

 

 

Habt ihr dafür Feedback des Publikums miteinbezogen, oder habt ihr das selbst herausgespürt?

Das ist immer etwas schwierig. Subjektiv haben wir natürlich unsere Eindrücke, die wir immer wieder diskutieren, weil es ja jeder wieder etwas anders sieht. Letztes Jahr haben wir deshalb konkret Feedback der Besucher eingeholt und schriftlich ausgewertet. Da hatte es gewisse Punkte dabei, die wir uns extrem zu Herzen genommen und umgesetzt haben. Was uns dabei erfreut hat: Es sind nicht ganz so viele Leute gekommen wie wir erwartet hatten, aber die Leute die dort waren, waren sehr zufrieden. Das gibt uns auch die Energie, weiterzumachen.

 

 

Wie viel im Voraus beginnt ihr jeweils, das nächste Festival zu planen?

Bis jetzt haben wir es noch nicht so weit gebracht, dass wir bereits vor dem Festival für das nächste zu planen beginnen, sondern im Gegenteil alles immer ein bisschen vom Erfolg des vorherigen abhängig gemacht. Die Pause dazwischen ist aber tatsächlich nicht sehr gross. Etwa ab Mitte August geht es wieder los.

 

 

Wie klar sind die Rollen im OK verteilt?

Es ist unterschiedlich. Wir haben Leute, die ursprünglich im Kern-OK waren und sich jetzt etwas zurückgezogen haben und lieber in einem Ressort arbeiten oder einfach mal etwas anderes machen wollen. Mit der ganzen ehrenamtlichen Arbeit können wir auch niemandem vorschreiben, was er machen muss.

 

 

Wie viel Zeitaufwand steckt hinter der ganzen Organisation? Ich nehme an, ihr habt alle noch einen Job oder ein Studium…

Es ist zum Teil extrem intensiv. Anderes kommt dabei vielleicht zu kurz, aber wir haben uns dem verschrieben und die Mitarbeiter wissen in der Regel, auf was sie sich einlassen. Ich kann es nicht in Stunden messen, aber man kann es mit einem intensiven Hobby vergleichen.

 

 

Was ist das Beste daran, ein eigenes Festival zu haben?

Was mich immer am meisten motiviert, ist das, was von den Besuchern zurück kommt. Wenn ich sehe wie das Publikum abgeht und Freude hat. Ich könnte in der ganzen Zeit auch auf Velotour gehen oder was auch immer. Ich komme immer wieder an den Punkt, an dem ich mich frage, warum ich das Ganze überhaupt mache. Es ist irgendwie auch Selbstverwirklichung.

 

 

Am Freitag ist die Ausrichtung eher rockiger, am Samstag etwas seichter. Führt das auf euren eigenen Geschmack zurück oder wollt ihr einfach möglichst viel anbieten?

Einerseits führt dies auf die Erfahrung aus den letzten Jahren zurück. Letztes Jahr hatten wir Eluveitie als Headliner am Samstag und das Programm drum herum war nicht sehr konstant. So kamen viele Leute nur für Eluveitie und gingen danach auch wieder. Als Festival will man Variation bringen, aber natürlich ist es für einen Besucher angenehm, wenn gleich mehrere Bands dabei sind, die ihn ansprechen. Darum haben wir den Freitag etwas härter gestaltet und am Samstag ein breites Spektrum geboten, welches sich aber gegenseitig nicht ausschliesst und einen schönen Bogen spannt. Ich denke, der Samstag kann die Leute durchaus überraschen, was die Schweiz an Musikqualität alles zu bieten hat, während der Freitag eher eine Szene anspricht.

 

 

Wie viele der Bands, die ihr für das Festival haben wollt, sagen schlussendlich auch tatsächlich zu?

Bis jetzt erstaunlicherweise ziemlich viele. Vor zwei Jahren waren wir zum Beispiel selbst extrem überrascht, dass wir die weltweit exklusive Festivalshow von Johnossi bekommen haben. Oder auch I am Kloot haben bis dahin nicht mehr in der Schweiz gespielt. Vor allem auch dieses Jahr konnten wir ziemlich genau das umsetzen, was wir uns gewünscht haben.

 

 

Das Soundcircle Festival ist aus der Idee entstanden, Nachwuchsbands auf die Bühne zu holen. Wie viele haben dank euch schon den Durchbruch geschafft?

Was heisst Durchbruch…aber zum Beispiel Yokko hat man, bevor sie bei uns waren, glaube ich noch nicht so gekannt, und jetzt sind sie auf einem sehr guten Weg. Auch dieses Jahr bin ich sicher, dass es Bands dabei hat – zum Beispiel Al Pride – die ihren Weg machen werden. Wir sind selbst auch immer wieder überrascht, wen wir auf der Bühne hatten. Royal Republic vor drei Jahren, die in der Schweiz nicht sehr bekannt sind, dafür in Deutschland Fussballstadien füllen.  

 

 

Hattet ihr schon bürokratie-bedingte Probleme, Lärmklagen oder ähnliches?

Das mit dem Lärm unterschätzt man da draussen ziemlich. Es gibt Veranstaltungen, die das Amphitheater nicht mehr nutzen dürfen, weil sich Anwohner beklagt haben. Je nach Wind hört man das Ganze auch an Orten, die relativ weit weg sind. Rafz ist da so ein Thema. Das kann man leider nicht beeinflussen. Wir kennen die Werte, die es einzuhalten gilt, es ist aber ein sensibles Thema. Mittlerweile kennen uns die Leute, von daher sind sie auch etwas toleranter geworden. Wir versuchen deshalb auch möglichst viele Anwohner einzuladen.

 

 

Was möchtest du gerne noch loswerden?

Wir freuen uns über jeden, der Freude an unserem Festival hat. Das ist unser Antrieb, dem Publikum etwas andere Musik zu zeigen, vielleicht nicht die grossen Namen, die man kennt. Und die letzten Jahre haben gezeigt, wie überrascht die Leute darüber sind, was es in der Schweiz alles für Bands gibt. 

Seraina Schöpfer / Sa, 09. Aug 2014