Duncan Laurence: «Es war eine Achterbahn!»

Interview: Duncan Laurence, ESC-Sieger 2019
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Pressebild / © Paul Bellaart

Duncan Laurence, Gewinner des ESC 2019, begrüsst mich mit einem strahlenden Lächeln beim Termin in Zürich und bedankt sich herzlich für die Schweizer Schokolode, die er von Bäckstage als kleines Gastgebergeschenk bekommen hat: «Wow, that is so sweet, I love chocolate.»

 

«Duncan, willkommen in der Schweiz. Leuk dat je er bent!. (Schön, dass du da bist.)» Duncan freut sich über das Bisschen Holländisch und bejaht die Frage, ob er denn auch etwas Deutsch könne. («Ein bisschen, ja, aber ich spreche es nicht so gut. Ich muss nochmals üben …») Wir entscheiden uns, das Interview daher lieber auf Englisch zu führen.

 

Nicht einmal zwei Wochen ist es her, seit du den Eurovision Song Contest gewonnen hast. Herzlichen Glückwunsch! Wie waren die letzten Tage?

 

Vielen Dank. Es war eine Achterbahn! Das ist das einzig passende Wort, das mir dazu einfällt. Es war so ein grossartiges Abenteuer, in Tel Aviv dabei zu sein, auf den Auftritt hinzuarbeiten und dass so viele Leute zugeschaut haben. Es war zugleich aufregend und nervenaufreibend. So viele Emotionen! Vor allem dann, als wir hörten «And the winner is…» – nach vielen Sekunden, die da vergingen – war es eine riesen Erleichterung und ich war einfach überwältigt.

 

Die letzten Tage waren so aufregend, die Tour in Holland ist ausverkauft, meine Tour in Europa wurde erweitert – und ich trete im Ziggo Dome, der grössten Location in Holland, auf. Es ist total verrückt. 

 

Hast du dir das so erwartet?

Nein, nie! Ich wusste schon, dass der ESC Türen öffnen kann. Ich dachte, wenn ich nur die Chance bekomme, zu zeigen, wer ich bin und meine Musik zu spielen, bin ich schon glücklich. Ich hoffte, dass Leute mich hören und meine Musik mögen, aber dieses Echo ist immens. Gestern hat mir ein bekannter holländischer Schauspieler ein Video geschickt: Er ist in Miami und hat im Lautsprecher eines Cafés meinen Song «Arcade» gehört und Leute haben mitgesummt. Er sagte: «Du bist jetzt ein Weltstar!» Wow, das ist Miami, wie kann das sein? Crazy!

 

Du hast jetzt wohl keine Zeit, Charts oder Likes zu checken, daher habe ich hier ein paar Zahlen für dich – denn du hast seither 13 Millionen Youtube Streams deines offiziellen Videos, 10 Millionen Youtube Streams deines ESC-Auftritts, 19.7 Millionen Streams auf Spotify und Platin-Status in Holland erreicht.

 

Oh echt? Es ist so verrückt. Es ist ja nur ein Song, den ich geschrieben habe. Was mich besonders freut, ist, dass so viele meinen Song hören und einen Bezug dazu herstellen können. Das ist der Traum eines jeden Songwriters. Die Krönung meiner Arbeit. 

 

Ich habe einen Satz von dir gelesen: «You can appeal to a big audience without losing track of your personal story and your integrity». Du hast nun das grösste Publikum – die Welt liebt dich. Wie hast du das geschafft?

 

Oh, ich habe keine Ahnung. Was da passiert ist, ist unglaublich. Ich bin so dankbar. Wenn ich zurückblicke, ist es so eine seltsame Aneinanderreihung von richtigen Umständen. Ilse von den Common Linnets, die 2014 für Holland am ESC am Start waren (Resultat: 2. Patz, Anm. d. Red.) schlug vor, «Arcade» ans Komitee, das entscheidet, wer das Land am ESC vertreten solle, zu schicken. Wir dachten: Ok, wir probieren es einfach. So hat alles angefangen.  

Und dein Auftritt am ESC war so anders als die anderen Shows. Was war der Grund dafür, die Perfomance so zu gestalten, nur du und dein Piano.

 

Als ich «Arcade» zu schreiben begann, sass ich allein am Klavier in einem kleinen Zimmer der Rock Academy, wo ich studierte. Kein Licht, nur das Fenster und Bäume draussen. Dieses Feeling vom Beginn von «Arcade» wollte ich auf der Bühne zeigen. Es gab so viele gute Auftritte, Luca zum Beispiel hat so eine gute Show gemacht. Aber ich bin eher weniger der Performer, mehr der ruhige Musiker, mit dem Focus auf die Musik. Ich hatte Glück, dass es dieses Mal besonders viel Show gab mit Lichtern, Feuer usw. So bin ich mehr aufgefallen.

 

Ja, es war sehr intim und persönlich.

 

Danke, genau das wollte ich erreichen. Zu jedem der Künstler passte etwas anders. Mahmoods Perfomance war auch sehr gelungen. Es gab so viele grossartige Künstler dabei und als es an die Punktevergabe ging, war es mir dann wie egal – alle hätten es verdient, zu gewinnen. 

 

Als ich «Arcade» zu schreiben begann, sass ich allein am Klavier in einem kleinen Zimmer der Rock Academy, wo ich studierte. Kein Licht, nur das Fenster und Bäume draussen. Dieses Feeling vom Beginn von «Arcade» wollte ich auf der Bühne zeigen.

 

 

Du galtst schon länger als einer der Favoriten …

 

Ich habe versucht, das auszublenden. Es war zwar einerseits aufregend, andererseits versuchte ich mich selbst zu beruhigen, denn schliesslich waren es nur Prognosen. Die Gefahr besteht immer, dass es dann anders kommt. Ich versuchte, mich auf die Musik zu konzentrieren. Music first.

 

In deiner Musik geht es um Sehnsucht nach etwas, das nicht erreichbar scheint …

 

Genau, um Sehnsucht und Hoffnung an einen Traum, der nie in Erfüllung geht. Das ist allerdings ein Widerspruch zu dem, was mir gerade passiert.

 

Das ist ein Dilemma von Künstlern, immer nach etwas zu suchen …

 

Ja, und es ist menschlich. Jeder braucht konstant Drive, um weiterzumachen. 

 

Du singst «… small-town boy in a big arcade». Geht es da um dich?

 

Absolut, das bin ich. Ich wuchs in einer kleinen Stadt mit wenig Musik auf und zog dann zum Studieren in eine Grossstadt. Ich verliebte mich in die Atmosphäre, die Stadt war eine Arkade für mich.

 

Arcade bedeutet ja auch eine Art Tor – und nun stehen dir alle Türen offen.

 

Ja!!! Es ist crazy.

 

Wohin führen dich deine Wege noch? Deine Europa-Tour wurde erweitert …

 

Auch nach Zürich. Am 15. November 2019. Ich habe das Glück wieder in die Schweiz zu kommen! 

 

Wir kennen bisher nur deine Debüt-Single, kannst du uns auch schon etwas über deine nächsten Songs verraten?

 

Ich gehe diesen Sommer ins Studio, um Songs aufzunehmen und fertigzustellen. Wann genau diese veröffentlicht werden, kann ich noch nicht sagen. Aber bald.

 

Duncan Laurence - «Arcade»

  

 

Esther Beck / Mo, 03. Jun 2019