Vom KV-Lehrling zum Berufsmusiker

Bäckstage: Portrait eines Berufsmusikers
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Promobild / www.joeschwach.com

Die Anzahl der Menschen, die in der Schweiz ausschliesslich vom Musik machen leben können, ist klein. Der Gitarrist Joe Schwach ist einer von ihnen. Bäckstage hat ihn dazu befragt; wie er es schafft, das tun zu können, wovon so viele träumen und welche Herausforderungen er dabei erlebt.

 

Joe Schwach lässt sich nicht so leicht in eine Genre-Schublade stecken. Er war jahrelang in der Band des Countrymusikers John Brack tätig, liebt die Rolling Stones und präsentiert auf seiner aktuellen CD auch einen Reggae-Song. «Ich liebe Musik, es gibt so viele spannende Songs und unzählige Möglichkeiten, diese zu interpretieren – sich auf ein einziges Genre festzulegen, wäre doch schade», erklärt Schwach.

 

Begonnen hat seine musikalische Karriere mit einem Zufall. Ein Alleinunterhalter in seinem Bekanntenkreis hat ihn zu einem Auftritt mitgenommen, kurz darauf traf er John Brack und der Rest, as they say, is history. Dabei hätte Joe Schwachs Berufsleben auch eine ganz andere Wendung nehmen können. «Ich habe nach der Schule das KV auf einer Bank absolviert. Doch ich habe relativ schnell gemerkt, dass ich in dieses Umfeld nicht reinpasse. Schlussendlich habe ich nie in meinem erlernten Beruf gearbeitet», erzählt der Musiker. Es war für ihn klar, dass er das selbständige, kreative Dasein einem finanziell sicheren Job vorzieht. „Das Dasein als selbständiger Musiker ist ein stetiger Balanceakt. Nie zu wissen, wie viel Geld am Ende des Monats auf dem Konto sein wird, um die Rechnungen zu bezahlen, kann anstrengend sein. Trotzdem würde ich meine Berufswahl auch heute wieder genauso treffen», so Joe Schwach.

 

Gestärkt aus der Krise

 

Höhen und Tiefen kennt der seit über 30 Jahren etablierte Berufsmusiker nur zu gut. «Die grösste Krise meiner bisherigen Laufbahn erlebte ich nach dem Tod von John Brack. Bei ihm in der Band war ich gut versorgt, musste mich um relativ wenig Organisatorisches kümmern und wir hatten immer genügend Gigs. Als John dann 2006 verstarb, zog mir das den Boden unter den Füssen weg», erzählt Schwach. Was folgte, war eine Krise, in welcher er sich neu erfinden musste. «Ich war früher eher introvertiert und unterhielt mich nicht gerne mit Leuten. Ich musste lernen, aus meinem Schneckenhaus herauszukommen, aktiv Kontakte zu knüpfen, mit Veranstaltern zu sprechen – das fiel mir am Anfang gar nicht leicht», erklärt er. 

 

Joe Schwach ist in seinem Element, wenn er auf der Bühne steht.

 

Seit rund einem Jahr unterrichtet er Anfängern und Fortgeschrittenen Gitarre, was ihm viel Freude bereitet. «Das hätte ich mir früher nie vorstellen können. Ich habe mir ja das meiste Musikkönnen selber beigebracht und hätte nicht gedacht, dass ich das weitergeben kann. Aber anscheinend klappt es ganz gut, meine Schüler kommen jede Woche wieder», meint Schwach schmunzelnd. Wer nun meint, der Musiker verbringe seine restliche Zeit nur auf Bühnen und in Proberäumen, der täuscht sich. «Die meiste Zeit verbringe ich unterwegs zu Gigs oder mit Warten. Überhaupt besteht das Musiker-Dasein aus sehr, sehr vielen Wartezeiten, die bei weitem nicht so glamourös sind, wie sich das vermutlich viele Leute vorstellen». So steht auf seiner Webseite Joeschwach.com unter «Numbers» auch «63 Weeks – hanging around and waiting».

 

Musikalische Einflüsse

 

Er erinnert sich noch genau an den Moment, als er sich in die Musik verliebt hat. «Ich war 13 Jahre alt und entdeckte die Rolling Stones. Ihre Art, Musik nicht bloss zu spielen, sondern zu zelebrieren, hat mich von Anfang an fasziniert – und tut es noch heute», erzählt Schwach. Auf die Frage, welchen Musiker resp. welche Band – ob tot oder lebendig – er unbedingt einmal live sehen möchte, kann er keine Antwort geben. «Wenn ich hier nur einen herauspicke, tue ich allen anderen unrecht».

 

Schwach tritt in verschiedensten Bands und auch solo auf. Er spielt Country, Blues, Folk und Rock ’n’ Roll und dabei neben eigenen Songs oft auch Cover-Versionen. «Es ist mir unglaublich wichtig, dem Publikum eine glaubwürdige Interpretation eines Songs wiederzugeben. Oft meinen die Zuschauer, Coversongs werden einfach 1:1 wiedergegeben. Dabei sind Covers oft eine grosse Herausforderung, man möchte schliesslich etwas zu seinem eigenen machen, ohne den Original-Charakter des Songs zu stark zu verändern. Ansonsten tönen Covers schell einmal wie Karaoke», erklärt Schwach. Von der grossen Festivalbühne bis zur intimen Clubbühne erlebt er alle möglichen Auftrittsorte. «Es ist natürlich ein ganz anderes Gefühl, vor einem Festivalpublikum Stimmungsmusik zu machen – oder in einem kleineren Club viel näher an den Zuhörern zu sein. Ich finde es schade, dass es in der Schweiz nicht mehr Venues für kleinere Konzerte gibt», bedauert Schwach.

 

The lost Marbles

 

Zusammen mit dem Keyboarder Steve Loesche und dem Opernsänger John Uhlenhopp hat Schwach als «The lost Marbles» seine aktuellste CD aufgenommen. Darauf sind die Einflüsse von Pop, Country, Opernmusik, Rock und Folk klar erkennbar. Und obwohl Schwach auf vielen CDs als Musiker zu hören ist, hat er schon länger keine eigene mehr produziert. «Es ist natürlich alles immer auch eine Kostenfrage. Mit iTunes und Konsorten überlegt man sich natürlich noch länger, ob es sich wirklich lohnt, eine CD zu produzieren. Aber es ist auch nach 30 Jahren Musik machen immer noch ein ganz tolles Gefühl, einen eigenen Tonträger in der Hand zu haben», schwärmt er.

 

Erfolgsgeheimnis

 

Hat er ein Erfolgsgeheimnis, welches er anderen angehenden Musikern verraten würde? «Authentizität finde ich enorm wichtig. Heutzutage werden dem Publikum unzählige Kunstfiguren vorgesetzt, vieles ist kommerzieller Einheitsbrei. Finde deine Nische, deine Leidenschaft und verfolge sie. Und Zuhören ist enorm wichtig. Meiner Meinung nach kann nur jemand gute Musik machen, der auch zuhören kann. Und das haben wir heutzutage leider oft verlernt. Und dranbleiben, auch wenn es manchmal harzig läuft. Erfolg kommt nicht von alleine, aber das Durchbeissen lohnt sich», meint Joe Schwach.  

 

Weitere Informationen zu Joe gibt es auf der Webseite von Joe Schwach.

 

Alexandra Baumann / Sa, 07. Dez 2013