Gut geklaut ist halb gewonnen

Moviekritik: Yesterday
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© Universal Pictures International Switzerland.

Jack Malik (Himesh Patel) ist ein junger Musiker und vollkommen erfolglos. Er spielt meist für einige wenige Leute in lokalen Pubs, die den selbst geschriebenen Liedern wenig Beachtung schenken. Einzig seine selbsternannte Managerin Ellie (Lily James) glaubt an ihn und überzeugt ihn immer wieder, weiterzumachen. Eines Tages hat er genug von den Frustrationen und beschliesst, die Musik ein für allemal aufzugeben. Nach dieser Entscheidung wird Jack auf dem Nachhauseweg während eines globalen Stromausfalls von einem Bus angefahren. Er wacht mit entstellten Zähnen im Krankenhaus auf. Nach und nach begreift er, dass während des Stromausfalls sämtliche Menschen und Datenbanken auf dem Planeten die gesamte Musik der Beatles vergessen haben. Jack beginnt, die Songs der Band nachzuspielen und aufzunehmen – eine Erfolgsgeschichte, gebaut auf Plagiaten, beginnt.

 

Danny Boyle führt Regie. Die Liste an bekannten Filmen, für die er verantwortlich ist, ist lang: Unter anderem gehören «Trainspotting», «Slumdog Millionaire», «127 Hours» und «Steve Jobs» zu seiner Filmographie. «Yesterday» ist ein Liebesgeständnis von Boyle an die Beatles. Die Musik nimmt nicht nur in der Handlung einen wichtigen Teil ein, die Songs von John Lennon und seiner Band sind auch sorgfältig aufgenommen und inszeniert. Es ist offensichtlich, dass der Regisseur die Hits der Beatles ehren und nicht bloss einen Kassenschlager ins Kino bringen wollte – wenn der Film auch sicher viel Geld einspielen wird. Für einen so gross aufgezogenen Musikfilm (die Macher haben zehn Millionen Dollar für die Rechte der Beatles-Songs bezahlt) hat «Yesterday÷» überraschend viel Charme. Besonders die erste Hälfte ist sehr einnehmend. Dies ist unter anderem den beiden Hauptdarstellern zu verdanken, die beide einnehmend sind. Sowohl mit Jack als auch mit Ellie identifiziert sich das Publikum leicht und man fühlt mit ihnen mit.

 

Es ist allerdings schade, dass die zweite Hälfte den Fokus auf die Musik zu einem grossen Teil verliert und sich der Liebesgeschichte zwischen den Hauptdarstellern widmet. Ellies Liebe für Jack ist von Anfang an so klar ersichtlich, dass der Wechsel von Jacks Figur nicht wirklich überzeugt. Jack realisiert relativ früh im Film, dass er eigentlich mit Ellie zusammen sein will und ihm dies mehr bedeutet als der Erfolg durch die Musik. Dieser Wandel bringt zwei Probleme für den Film. Einerseits geschieht er auf eine rasche Weise, wodurch die Glaubwürdigkeit der Veränderung in Jacks Charakter nicht gewährleistet ist. Andererseits ist der entscheidende Wandel in Jacks Figur früh im Film situiert, was der Geschichte den Wind aus den Segeln nimmt. Während die Storyline des erfolglosen Musikers, welcher die einmalige Gelegenheit hat, Beatles-Songs zu «erfinden», originell ist, ist die Liebesgeschichte eher klischiert und absehbar. Trotzdem ist der Film durch seine erste Hälfte eine würdige Ergänzung zur Filmographie des Regisseurs. 

 

Eine charmante und originelle Geschichte, die in der zweiten Hälfte an Schwung verliert.

 

  • Yesterday (USA 2019)
  • Regie: Danny Boyle
  • Besetzung: Lily James, Himesh Patel, Kate McKinnon, Ana de Armas, James Corden, Ed Sheeran, Lamorne Morris, Joel Fry, Sophia Di Martino, Sanjeev Bhaskar
  • Laufzeit: 112 Minuten
  • Kinostart: 11. Juli 2019

 

Jonas Stetter / Fr, 12. Jul 2019