Mutanfall

Buchkritik: Lisa Marti, Mutanfall
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Wörterseh

 «Mutanfall» ist die spannende Biographie der Glarnerin Lisa Marti (78). Als Kind verdingt, entwickelte sie früh die Gabe, immer das Positive im Leben zu sehen und sich neuen Situationen ohne Zorn und Selbstmitleid anzupassen.

 

Die lebenshungrige Schweizerin hatte schon immer den Hang zur Selbständigkeit. Zusammen mit ihrem ersten Mann Ernst hat sie ein Elektronikgeschäft aufgebaut. Dabei entwickelte sie sich von der «Kabel-Lisi» zur Geschäftsleiterin weiter. Ernst erkrankte an Kinderlähmung und zog sich in der Folge immer mehr zurück. Schliesslich verschwand er 1975 nach einem Streit spurlos. Lisa Marti blieb mit drei Kindern zurück.

 

In den dunkelsten Stunden ihres Daseins hat sie immer wieder Mut gefunden. Mehrmals hat die quirlige Frau intensiv nach Ernst gesucht - sogar das Schweizer Fernsehen hatte darüber berichtet. Trotz vieler Bemühungen ist Ernst bis heute verschollen.

 

Die Frau mit dem starken Charakter machte, was sie immer tat: Nach vorne blicken, weiter leben. Sie liebte ihre Freiheit, bereiste die Welt, knüpfte gar Kontakte ins bhutanische Könighaus und gründete mit ihrem nächsten Partner eine neue Firma. Das ehemalige Verdingkind brachte es weit, verdiente Geld und blieb - trotz einer weiteren Ehe mit einem gut 20 Jahre jüngeren Mann - unabhängig und selbstbestimmt.

 

Ich habe jede Seite dieses Buches gerne gelesen. Lisa Marti hat ein bewegtes und für ihre Zeit ungewöhnliches Leben geführt. Die Ghostwriterin Franziska K. Müller erzählt mit sehr viel Feingefühl und  Leichtigkeit. Die Grossherzigkeit und auch die unaufdringliche Weisheit Lisa Martis liessen mich das Buch am Ende zufrieden und vielleicht sogar etwas klüger als vorher weglegen.

 

Mutanfall, Wörterseh Verlag, ISBN 978-3-03763-022-8, erschienen 2011

 

 
  
  

 

Linda von Euw / Fr, 30. Dez 2011