Altbewährte Kombination

CD-Kritik: Glanton Gang
Bildquelle: 
Cover-Shot

Auch wenn das Album der beiden Berner schon Ende letztes Jahr veröffentlicht wurde, ist es noch nicht zu spät – denn für gute Musik ist nie der falsche Zeitpunkt. Erst recht nicht bei (fast) Neuzusammensetzungen von bereits erfolgreichen Musikern.

 

Rap-Urgestein und Bünzlikritiker Tommy Vercetti spannte für das Album «Glanton Gang» mit seinem Kollegen von Eldorado FM, Dezmond Dez, - wir erinnern uns nur zu gerne an sein Debütalbum «Verlornigs Paradies» - zusammen. Es ist nicht die erste Zusammenarbeit der beiden Rapper, denn bereits vor einigen Jahren haben Vercetti und Dez gemeinsam die «Cheftapes» veröffentlicht. Und die Rap-Combo Eldorado FM, mit zahlreichen weiteren Rappern, dürfte mittlerweile über Berns Stadtgrenzen hinaus bekannt sein. Das Resultat der neusten Zusammenarbeit: Eldorado-FM-Beats kombiniert mit kritischen Texten, findigen Wortspielen und Romanzeilen in Deutsch und Englisch - das passt. 

 

Intro und Outro geben dem Album einen Rahmen. Während nach dem Intro Töne erklingen, die an einen orientalischen Bazar erinnern, sind die Songs gegen Ende des Albums eher ruhig. Thematisch bewegen sich die beiden Berner nicht gerade in seichten Gewässern. Sie reflektieren den Umgang mit den sozialen Medien und den Veränderungen, die Facebook und Co. gebracht haben («Glasmönsch») oder sinnieren über den Tod («Requiem für Hank»). Gewohnt überlegt und mit Bezug auf Ereignisse in der jüngsten Vergangenheit rappt Dez in «Outro» beispielsweise: «Familie gäg Karriere, ds cha z’Opfer nid si/ schüsch blibsch elei i dim Palascht, wis dr Schloter isch gsi.» Auch die Liebe findet Platz auf dem neusten Kind Dez’ und Vercettis, allerdings auch hier eher schwermütig: In «Schwigeminutä» erklärt Tommy, warum in der Liebe oder in einer Beziehung auch mal geschwiegen werden sollte und in «Ode anä Prostituierti» geht es um die käufliche Liebe.

 

Eingefleischten Fans oder solchen, die immer mal wieder EFM, Tommy Vercetti oder Dezmond Dez hören, wird auffallen, dass des Öfteren Querverweise oder Zitate aus älteren Songs oder Alben vorkommen, so zum Beispiel in «Kira» oder in «Outro» («… seiltanzend übernes verlornigs Paradies»). Und auch das Husten, sich räuspern und die Nase hochziehen von Tommy dürfte dem einen oder anderen bekannt vorkommen. Aber warum das Rad neu erfinden, wenn sich das Alte bewährt hat? Denn Dez und Tommy, diese Kombination passt – mit dem Album «Glanton Gang» haben sie das einmal mehr eindrücklich bewiesen.

 

Der Name Glanton Gang stammt übrigens aus dem Wilden Westen: Die Glanton Gang war eine Gruppe Kopfgeldjäger, rund um den Unabhängigkeitskämpfer John Joel Glanton. Wie Vercetti in einem Interview erklärte, hätten er und Dez sich von Corman McCarthys Roman «Die Abendröte im Westen» inspirieren lassen. Die Stadt, ihre Probleme, die Gesellschaft als Wilder Westen, Tommy Vercetti und Dezmond Dez als Kämpfer für mehr Offenheit und Andersdenken – das passt.

 

Tommy Vercetti & Dezmond Dez - «Glanton Gang»

 

  • Künstler: Tommy Vercetti und Dezmond Dez
  • Album: Glanton Gang
  • Releasedatum: 29.11.2013
  • Plattenlabel: Eldorado Records
  • Live: 
  • 8.3.2014 Kiff Aarau
  • 5.4.2014 Kofmehl Solothurn
  • 10.5.2014 Kufa Lyss
  • www.glantongang.ch

 

Annik Hosmann / Do, 06. Mär 2014