Wendy McNeill verzauberte das El Lokal

Konzertkritik: Wendy McNeill
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Facebook: Wendy McNeill

Es ist einmal mehr eine äusserst gemütliche Stimmung im El Lokal in Zürich, während draussen der kalte Winter sein Unwesen treibt. Der Raum ist gut gefüllt mit den unterschiedlichsten Menschen von jung bis alt, eine angenehme Mischung. Und auf der Bühne steht eine zierliche Frau, die mit wachem und frechen Blick ins Publikum schaut und alsbald für ein wunderbares Konzert sorgen wird. Sie singt von Aussenseitern, verschrobenen, liebenswerten Randfiguren und unscheinbaren Alltagshelden: Die gebürtige Kanadierin Wendy McNeill versteht ihr Handwerk vom Geschichtenerzählen bis ins kleinste Detail. Und welches Instrument würde ihren melancholischen, augenzwinkernd optimistischen Folk-Noir besser musikalisch verkörpern als das traditionsträchtige Akkordeon? Als hätte sie nie etwas anderes getan und mit einem sympathischen Selbstvertrauen, wirkt die Sängerin mit ihrem sperrigen, schweren Instrument trotz enormer Bühnenpräsenz wie eine ärmliche Strassenkünstlerin, die sich gerade ihr Abendessen verdienen muss. Und genau diese Tatsache macht sie so authentisch und glaubwürdig, dass man meinen könnte, McNeill hätte alle ihre Geschichten hautnah selber erlebt.

 

Das Thema Ein- und Auswanderung dominiert die Geschichten auf dem neusten Album der Sängerin,« One Colour More», dessen Lieder das Set an diesem Konzertabend massgeblich prägen. Sie singt von ganz unterschiedlichen Menschen auf der Suche nach neuer Identität in fremden Ländern und deren Bemühungen, Fuss zu fassen und sich ein neues Leben aufzubauen. Die meist tragisch endenden Erzählungen verpackt McNeill stets in einen Mantel aus liebevollem Humor und trägt ihre Lieder mit einem sanften Lächeln vor, als möchte sie den Zuhörer damit trösten und vor all zu viel Leid bewahren.

 

Begleitet wird Wendy McNeill auf der Tour von ihrem langjährigen Mitmusiker und Drummer Erik Nilsson. Dieser beweist genau wie seine Bandkollegin viel Gespür für Witz und Charme und bringt sich mit Perkussion, Zwischenrufen und diversen Soundeinspielungen immer mal wieder geschickt in das Geschehen auf der Bühne ein. Einige wenige Lieder, die gut verteilt im Set platziert sind, werden durch Loop-Effekte zu breiten Soundgeflechten ausgebaut. Dies sorgt für willkommene Abwechslung, denn obwohl in den knapp 1 1/2 Stunden Spielzeit dank den spannend erzählten Geschichten und Anekdoten der Künstlerin nie Langeweile aufkommt, schleicht sich auf Dauer doch eine Spur Eintönigkeit ein und der Musikstil bleibt wenig vielseitig.

 

Diese Tatsache tut aber der Qualität dieses wunderbar märchenhaften und faszinierenden Konzerts keinen Abbruch. Wendy McNeill zieht ihre Zuhörer sofort in ihren Bann und man möchte der Sängerin am Liebsten am Strand an einem Lagerfeuer mit einem guten Glas Wein in der Hand die ganze Nacht lang zuhören.

Natascha Evers / Mo, 02. Mär 2015