Two Gallants bleiben hinter ihren Möglichkeiten

Konzertkritik: Two Gallants im Komplex Klub
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Sanft bahnt sich die Gitarre von Adam Stephens einen Weg durch das Stimmengewirr im Komplex Klub. Träge schleicht sich ein verzerrter Akkord nach dem andren zwischen den Köpfen der Zuschauer hindurch, lange beobachten die Leute das Geschehen auf der Bühne, dann fällt der Fünfer. Das kaum erkennbare Intro gehört zu «Steady Rollin‘», der vielleicht bekanntesten Single von Two Gallants. Es ist bei jedem Konzert erstaunlich, wie viel Kraft und was für eine berauschende Wirkung der Song entwickelt. Schon früh im Set, nach nur vier Songs, ist das der Höhepunkt des Abends. Schön zu sehen am Publikum, das mitsingt und an den Lippen der beiden Amerikanier hängt. Im hinteren Teil des Clubs hüpft gar ein kleines Mädchen mit schicken grünen Industriekopfhörern vergnügt an der Hand ihres Vaters und strahlt. Aber der Eindruck täuscht.

 

Two Gallants, die beiden Folk-Punk-Poeten, direkt von den staubigen Strassen Amerikas, waren schon mehrfach im Abart zu Gast und jedes Mal um Klassen besser als sie sich am Mittwoch im Komplex Klub präsentieren. Das Konzert ist zwar solide, aber auch nicht mehr. Und die Schuld dafür liegt zum Teil bei der Band selbst. Natürlich ist eine Band frei in der Wahl ihrer Songs, aber die Setlist funktioniert an diesem Abend irgendwie nicht so recht. Zu viel neues Material ist im Set. Der kontrastierende Mix aus schleppend klagenden Songs und druckvollen Stücken ist zwar da und entfaltet teilweise auch die Eigenheiten der Band, aber auf das ganze Konzert gesehen, klingt ein Song schon sehr wie der andere, gerade beim neuen Material und bekannte Stücke fehlen dann doch zu offensichtlich. In der Folge fällt der Spannungsbogen zwischendurch gefährlich tief. 

 

Wohl nicht den besten Tag erwischt

 

Krude Instrumentalgewitter und verschlungen-verlorene Intermezzos sind zwar für die Band nicht untypisch, sorgen für einmal aber eher für Verwirrung bei den Zuschauern. Bei Two Gallants stehen die leisen Klänge zwar schon auch im Zentrum, aber in Zürich legt das Duo aus San Francisco den Fokus vielleicht etwas stark auf ausufernde Instrumentalparts. Das ist natürlich legitim, aber ungewohnt und funktioniert im Komplex Klub nur bedingt. 

 

Im Vergleich zu früheren Shows ist das leider zu lasch. Die klagenden Lieder, für die Two Gallants geliebt werden, sind natürlich da, genauso das ergänzende und dadurch breit klingende Zusammenspiel der Musiker. Hin und wieder ein Aufbäumen, ein Fauchen fast, doch größtenteils hat man den Eindruck, dass Two Gallants zwanghaft versuchen, ihrem eigenen Image gerecht zu werden, sich also unnahbar und freidenkerisch zu geben. Dazu ist die Mischung aus alten und neuen Songs aber zu unausgewogen. Erst «Las Cruses Jail» zum Schluss des Sets vermag die Stimmung etwas zu retten. Two Gallants bleiben an diesem Abend hinter ihren Möglichkeiten zurück. Eigentlich schade, denn die Band kann einen Saal mühelos in ein Tollhaus verwandeln, das haben sie auf Schweizer Bühnen mehrfach bewiesen. Für einmal gelingt das nicht. Da haben sie wohl einen schlechten Tag erwischt. Und wie wenn das Duo den Eindruck eines etwas halbgaren Auftritts unterstreichen wollte, treten Two Gallants ohne Zugabe ab.

 

Patrick Holenstein / Fr, 17. Mai 2013