Liebe, aaah …

Movie-Kritik: To The Wonder
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Im Verleih von Ascot Elite

Im Frühjahr 2013 noch der beliebteste Mann in Hollywood. Im Sommer 2013 bereits der am meisten verachtete Mann im Internet. Ben Affleck erlebt zurzeit die Höhen und Tiefen einer klassischen Filmkarriere. Wurde er eben noch für seine Arbeit in «Argo» gelobt, prallt nun nichts als böser Hohn über seine Ernennung zum neuen Batman im «Man of Steel»-Sequel. Die Geschmäcker sind verschieden und nichts hat Bestand in unserer Zeit. Wirklich nichts? Nicht mal die Liebe? Dieser Frage stellt sich der Mime nun jedenfalls in Terrence Malicks neustem Werk. 

 

Neil (Ben Affleck, «Good Will Hunting») liebt Marina (Olga Kurylenko, «Oblivion», «A Quantum Solance») und Marina liebt Neil. Ob in Paris oder auf dem Mont Saint Michel, die beiden sind zusammen glücklich in Frankreich. Irgendwann reicht diese gegenseitige Zuneigung aber nicht mehr aus, Taten müssen folgen, und so wandert das Paar mitsamt Marinas Tochter Tatiana nach Oklahoma in die Vereinigten Staaten aus. Das Glück wird zerbrechlich, wie die Spiegel, die während den Streitigkeiten zu Boden fallen. Dunkle Wolken haben sich über den Liebenden gebildet, es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis der kühle Regen das Feuer erlöschen wird. 

 

Bild 1: «Auf der grünen Wiese habe ich sie gefragt, ob sie mich denn liebe. Ja, hat sie gesagt», oder so ähnlich. / Bild 2: Die Liebe findet sich vielleicht eher auf dem Rücken der Pferde oder im Stall. (Mit Maus über Bild fahren)

 

Terrence Malick gelang vor zwei Jahren in Cannes der grosse Coup mit «The Tree of Life». Seitdem ist es um den Filmemacher, der bewusst nicht jedes Jahr einen neuen Film herausbringt, ruhiger geworden. Oder zumindest fast. «To the Wonder» liess letztes Jahr am Film Festival von Venedig doch den einen oder anderen Kritiker schmerzlich aufjaulen. Langweilig, trist, leer und vor allem zu überambitioniert artsy fartsy mässig sei er, der neue Film von Malick. Diese Behauptungen haben sich nun leider als wahr erwiesen. Über die ganze «Handlung» hinweg hören wir bloss die Gedanken der Protagonisten in geschwollenen Sätzen, unterbrochen von bedeutungsschwangeren Pausen. Von Affleck sehen wir nicht viel ausser seinem durchtrainierten, tätowierten Oberkörper, seiner Nase und seinem markanten Kinn. Er ist vom angeblichen Protagonisten zur Hebefigur der weiblichen Darstellerinnen verkommen, wie es seither Tänzern des klassischen Balletts ergangen ist. Wenn nicht gerade Kurylenko sich mit ihren tänzerischen Bewegungen um ihn garnt, dann ist es Rachel McAdams («The Notebook», «Girls Club») als Neils neue Flamme Jane, die nun fröhlich auf der Wiese für Neil herumtänzelt. 

 

Funktioniert das Konstrukt der Liebe?

 

Den einzigen Kontrast zu Neils Liebeswirrwarr bietet Javier Bardem («Vicky Cristina Barcelona», «No Country for old Man») als Pater Quintana, der um seinen Glauben ringt. Umgeben von Trostlosigkeit, Armut und dem immer gleichbleibenden Trott, zweifelt der Mann Gottes am Übersinnlichen. Für einen sehr, sehr kurzen Moment scheint es, als würde Marina ihm vielleicht helfen können, als wäre die Hilfsbereitschaft ihr gegenüber seine Rettung, doch dann trennen sich ihre Wege wieder unwiderruflich. Der Film schwenkt trotzdem gemütlich weiter zwischen Quintana und Neils Liebesdreieck. Ist es eine Art Spiegel, die Malick uns mit seinem Film entgegenhalten will? Wie schnell wir wieder auf die Liebe und ihre grossen Versprechungen reinzufallen vermögen, trotz unseres Unglaubens gegenüber dem Konstrukt der einen grossen Liebe? Ist dieses Luftschloss, das wir in uns selbst und durch all die Kunst um uns herum am Leben erhalten, in der letzten Szene gar einmalig eingefangen? 

 

Neil ist hin- und hergerissen zwischen seinen zwei Frauen. Da ist Marina (Bild 1), aber eben auch Jane, die ihn umgarnt (Bild 2).

 

Wer weiss schon genau, was Malick durch sein aktuelles Stück genau aufzuzeigen versuchte. Am wenigsten weiss dies wohl der Filmemacher selbst. So steht zum Beispiel im Presseheft, dass Neil ein gescheiterter Autor sei, während wir ihn im Film bloss als Umweltbiologen erleben. Schon allein die Information, dass sein Name Neil ist, erreicht uns während der Geschichte kein einziges Mal. Dies liegt womöglich an all den herausgeschnittenen Szenen, die es bei «To The Wonder» angeblich mehr als genug gibt. Am Set gedreht haben auch Jessica Chastain, Amanda Peet, Rachel Weisz und Michael Sheen, doch im fertigen Film sind sie allesamt dann nirgends zu sehen. Ist vielleicht auch besser so. Karrieren werden durch dieses Epos nicht gerettet. Dafür ist dann wiederum der Fledermausanzug da. Nicht umgekehrt, auch wenn uns dies die moderne Bibel, das Internet, weiss zu machen versucht.

 

  • To The Wonder (USA 2012)
  • Regie: Terrence Malick
  • Drehbuch: Terrence Malick
  • Darsteller: Ben Affleck, Olga Kurylenko, Rachel McAdams
  • Laufzeit: 112 Minuten
  • Kinostart: 29. August 2013

 

Tanja Lipak / Di, 27. Aug 2013