Eine schicksalshafte Begegnung

Buchkritik: Vabanque-Journal einer Amour fou
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www.bilgerverlag.ch

«Vabanque – Journal einer Amour fou» ist die wahre und fesselnde Geschichte der 89-Jährigen Schweizer Mix Weiss. Die Autorin erzählt von ihrer tiefen Liebe zu einem Zigeuner; Eine Liebe, geprägt von Höhen und Tiefen, von Leidenschaft und Emotionen in allen Formen.

 

Beim Abendessen mit einer Kollegin in einem Zürcher Restaurant ändert sich Julietas Leben in nur wenigen Sekunden drastisch: Sie sieht Vladimir, einen Zigeuner – was sie zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht weiss - und Vladimir sieht sie. Von diesem Augenblick an beschliesst Vladimir, diese Frau zu erobern und nie mehr loszulassen. Und für eine Weile sollte ihm dies auch gelingen.

 

Julieta, eine Journalistin, ist gerade erst wieder zurück nach Zürich gezogen. Zuvor hatte sie mit ihrer Familie im Tessin gelebt. Bis Cesare, ihr damaliger Ehemann, mit einer neuen Frau ankam. Also hat sich die 50-Jährige dazu entschlossen, einen neuen Lebensabschnitt in Angriff zu nehmen. So ist sie in ihre Heimatstadt zurückgekehrt, in der sie sich einen Job bei einer bekannten Frauenzeitschrift ergattert hat. Die Tatsache, alleinstehend in ihrem Alter und dazu noch mit drei Kindern, einen Neustart zu wagen, ist schon an und für sich mutig. Doch im Leben von Julieta sollte dies nicht der letzte furchtlose Schritt bleiben.

 

 

 Einmal da, nie mehr weg.

 

 

Dass sich ihr Leben gleich wieder verändern würde, hätte die dreifache Mutter nicht gedacht, als sie an diesem Abend Vladimir zu sich nach Hause mitnimmt. Und auch nicht, dass er keinen Gedanken daran verschwendet, ihre Wohnung in nächster Zeit wieder zu verlassen. Er bleibt an Julietas Seite und stellt ihr Leben gehörig auf den Kopf.

 

Während Julieta versucht, so normal wie möglich ihr Leben weiterzuführen und sich von den Meinungen der Freunde, Nachbarn oder Arbeitskollegen nicht beirren zu lassen, ist Vladimir meist in der Kneipe. Auch die Wohnung von Julieta verändert sich: Rauchen und Trinken sind bei Vladimir an der Tagesordnung; einen sauberen Haushalt zu führen eher weniger. Er kauft überraschend zwei Vögel: Zwergfinken, die in der Wohnung frei herumfliegen. Laut Vladimir müssen Vögel frei fliegen können.

 

Vladimir ist nicht einfach nur ein stolzer Zigeuner oder jemand, der kein Zuhause hat. Er ist hochintelligent und spricht sechs Sprachen. Jedoch ist Vladimir vom Leben gezeichnet, hat schlimme Zeiten erlebt. Nach dem Tod seiner Frau wurden ihm vom Staat alle vier Kinder weggenommen. Ein Schicksalsschlag, der ihn zwar nicht zerstört hat, aber den er ohne Alkohol nur schwer erträgt. Und Vladimir ist auch Dichter und Poet. Seine Gedichte und Liebeserklärungen für Julieta scheinen kein Ende zu nehmen. Immer wieder will er seine tiefe Zuneigung zu ihr ausdrücken. Schnell wird es Julieta zuviel, er erdrücke sie, sagt sie häufig. Doch Vladimir kann nicht anders.

 

 

 

 Die Kehrseite.

 

 

Obwohl Vladimir die Liebe ihres Lebens ist, ist das Zusammensein mit ihm nicht leicht. Immer wieder ereignen sich Zwischenfälle, wie beispielsweise als Vladimir stockbetrunken zu Julieta in die Redaktion schwankt oder als er die Chefin von Julieta mit dem Tod bedroht. Seine Emotionen kann Vladimir kaum im Zaum halten und um Julieta zu beschützen würde er sprichwörtlich alles tun. So kommt es immer häufiger zu unschönen Ereignissen und in den Jahren ihres Zusammenlebens zerbricht mehr als nur eine Fensterscheibe durch Vladimirs Wutausbrüche. Ausbrüche, die sich zwar nie gegen Julieta richten, aber sie kann mit der Situation immer schlechter umgehen.

 

Die Geschichte von Julieta und Vladimir ist eine Amour fou, wie sie genialer und besser nicht erzählt werden könnte. Mix Weiss beschreibt ihr Erlebtes so wunderschön, dass man, wenn man einmal angefangen hat zu lesen, nicht mehr damit aufhören kann. Schon anhand der Sprache erkennt man als Leser das grosse Schreibtalent der Autorin. Jahrelang hat Mix Weiss für die «Annabelle» und «Femina» geschrieben und im Alter von 76 Jahren ihren Debütroman «Kupferblues» veröffentlicht.

 

All jene, die sich unter einer Amour fou eine unerklärliche Anziehung zu einem Menschen vorstellen, und zwar weit weg von Fifty Shades of Grey, sollten noch heute das Buch der Schweizer Autorin kaufen.

 

  • Vabanque Journal einer Amour fou
  • Autorin: Mix Weiss
  • Verlag: Bilgerverlag
  • ISBN: 978-3-03762-026-7
  • : Im Handel erhältlich

 

Nadine Rohner / Mi, 24. Apr 2013