Måns Zelmerlöw: «Ich war schon immer eine Art Chamäleon»

Interview / Konzertbericht: Måns Zelmerlöw
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© Warner Music

Vor zwei Jahren holte Måns mit «Heroes» den Sieg für Schweden am Eurovision Song Contest – ein fulminanter Auftritt. Auf seiner Europatournee gastiert der smarte Sänger in Zürich und präsentiert sein neues Album. Vor seinem Konzert nimmt sich er sich Zeit für Interviews.  Und dass er schon einige hinter sich hatte, ist ihm nicht anzumerken: Er ist äusserst sympathisch, lächelt wohlwollend und spricht sogar wunderbar Deutsch. Für das Interview wechseln wechselt er dann aber lieber auf Englisch.

 

Hey Måns, willkommen in der Schweiz. Wollen wir direkt zu deinem aktuellen Album kommen? Es heisst «Chamaleon». Kannst du uns etwas darüber sagen?

 

Ja, ich war schon immer eine Art Chamäleon … Ich habe eine recht breite Karriere und wollte mich nie auf nur eine Sache festlegen. Ich bin Sänger, Songwriter, Moderator und mache in Musicals mit. Es ist wichtig für mich, mich in allen Bereichen zu verbessern. Denn dadurch konnte ich mich zu dem Künstler entwickeln, der ich heute bin.

 

Das bringt mich zum Titel deines letzten Albums, «Perfectly damaged» – beschreibt dich das auch?

 

Ja, beide Alben sind sehr persönlich. «Perfectly damaged» entstand in einer ziemlich schwierigen Zeit in meinem Leben. Ich hatte mich gerade von meiner Freundin getrennt und fühlte mich ziemlich «damaged» (beschädigt). «Chamaleon» ist da fröhlicher.

 

Das ist natürlich gut für deine Fans – sie wollen dich fröhlich sehen. Wie wählst du die Titel für deine Alben? Oft wird einfach ein Songtitel dafür gewählt. Aber bei dir war das nicht so?

 

«Perfectly damaged» ist auch ein Song, aber nicht auf dem Album. Er hätte eigentlich sogar auf das Album kommen sollen, aber ich hatte das Gefühl, er könnte mit den anderen Songs nicht richtig mithalten. Darum kickten wir ihn raus. Aber ich mag den Titel und daher ist der geblieben. Aber es wäre eigentlich auch ein Songtitel gewesen  – oder hätte irgendein Song sein können.

 

Das bringt uns zu einem anderen Song, nämlich «Fire in the rain». Dieser  ist auf diesen beiden Alben drauf. Wie kommt das?

 

Ja, genau, aber das hat keinen persönlichen Grund. In Schweden ist der Song auf «Perfectly damaged» nicht drauf, da das Album schon vor einiger Zeit draussen war. Dann, als ich den Song am Eurovision Songcontest im Mai 2016 performte, dachten wir, es muss auf die europäische Version des Albums drauf. 

Dein Album beginnt mit «Glorious» – und endet mit «Wrong decision». Das ist sicher kein Zufall?

 

Genau, das ist kein Zufall. «Wrong Decision» ist für mich der beste und persönlichste Song, den ich je geschrieben habe. Es fühlte sich richtig an, mit «Glorious» zu beginnen, einem Song voller Hoffnung, und dann mit «Wrong Decision» zu schliessen. Mit dem Gefühl, zurückzuschauen und der Frage: Was, wenn es anders gelaufen wäre?

 

 

«Heroes» hat mir so viele Tore geöffnet. Wir haben danach sehr viel gemacht: Wir haben zwei Alben herausgebracht und sind jetzt auf unserer zweiten Europa-Tournee. Meine Songs sind in den Charts, dafür bin ich sehr dankbar.

 

 

Die Zeile «never thought it would be easy, but not as hard as this» ist sehr stark. Kannst du etwas darüber sagen? Oder einen Rat geben, wie man mit solchen Erfahrungen umgehen soll?

 

Es kann dich echt treffen, wenn du merkst, dass du dich wo falsch entschieden hast. Aber ich kann sagen, dass meine falschen Entscheidungen und alles, was falsch gelaufen ist, zu etwas Gutem geführt hat, auf lange Sicht. Man kommt stärker aus harten Zeiten hervor. Und ich wäre auch nie der Künstler, der ich heute bin, wenn ich nicht auch schwierige Zeiten durchgemacht hätte.

 

Du schreibst deine Songs selbst und auch mit anderen Songwritern zusammen. Was hast du lieber?

 

Ich schreibe lieber mit anderen Leuten zusammen. Da kommt so viel wertvoller Input. Wenn man alleine schreibt, riskiert man, die Sache zu eng zu sehen und sich auf etwas zu versteifen. Wenn du mit anderen dran bist, hast du ein grösseres Spektrum an Ideen.

 

Kann es da aber nicht auch zu Diskussionen kommen?

 

Doch, klar, immer. Aber das ist gut, es muss so kleine Fights geben.

 

Wenn man die Chance hat, mit dir zu sprechen, müssen wir natürlich auch den Eurovision Song Contest erwähnen. Du hattest diesen Riesenerfolg mit «Heroes». Hast du dir das so alles vorgestellt?

 

Nein, das hätte ich mir nicht vorstellen können. «Heroes» hat mir so viele Tore geöffnet. Wir haben danach sehr viel gemacht: Wir haben zwei Alben herausgebracht und sind jetzt auf unserer zweiten Europa-Tournee. Meine Songs sind in den Charts, dafür bin ich sehr dankbar. Aber es ist auch ein bisschen schwierig, aus dieser Seifenblase herauszukommen. Ich liebe den ESC, aber ich möchte den Leuten zeigen, dass ich ein Live-Artist bin, und nicht nur dieser Drei-Minuten-Auftritt.

 

Wie wirst du den Song Contest verfolgen?

Ich werde in Kiew sein und für Schweden kommentieren. 

Robin (Robin Bengtsson, «I can’t go on») wird für Schweden am Start sein. Welchen Tipp kannst du ihm geben? 

Ich denke, er hat einen grossen Song und eine sehr gute Performance, mit dem Laufband. Er soll es vor allem versuchen zu geniessen, Spass zu haben.

 

Weisst du noch, wie du dich damals gefühlt hast?

Ja, das ist es eben – wenn du dort stehst, geht es um Leben und Tod. Und du vergisst irgendwie die Freude daran. Das war bei mir im Semifinale so. In meinem Auftritt steckten so viele Details. Vielleicht habe ich da fast zu viel Arbeit reingesteckt und den Auftritt zu wenig genossen. Im Finale war diese Freude dann wieder da …

 

… und du hast gewonnen! Hoffentlich sehen wir so gute Shows wie deine am ESC. Vielleicht von der Schweiz …

 

Ja, die Schweiz hat diesmal einen recht guten Song.

 

Konzertbericht:

 

Kurz nach 20 Uhr begann das Konzert und Måns wurde von seinen Fans lauthals begrüsst. Die intime Atmosphäre des Plaza war ideal, Künstler und Fans begegneten sich nahezu auf Augenhöhe. Immer wieder sprach Måns zur Audience und das Publikum konnte interagieren. Es herrschte gute Laune in einem vertrauten Miteinander.

 

Mit leisen, verletzlichen Tönen als auch mit lebensfrohen und kräftigen Gesangseinlagen bewies Måns, dass er ein Performer ist. Die Songs auf dem Album sind live noch besser, direkter, lebendiger. «Glorious» erwies sich als Stimmungsmacher schlechthin, «Beautiful Lie» (a ccapella mit der Band!) regte zum Nachdenken an und «Happyland» sorgte für den Gänsehaut-Moment des Abends. Natürlich durfte auch «Heroes» nicht fehlen und für sein Publikum war Måns Hero des Abends.

 

Esther Beck / Di, 02. Mai 2017