The Arcs: Wir haben ungefähr 80 Songs aufgenommen.

Interview: The Arcs
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Bäckstage / © David Schaufelberger

The Arcs ist eine Band, die Dan Auerbach, eher bekannt als Kopf der Black Keys, als Frontmann anführt. Die Musik von The Arcs ist irgendwo zwischen Blues und psychedelic Rock verankert, nicht retro, aber doch stark von der Musikgeschichte geprägt. Bäckstage hatte die rare Gelegenheit mit Dan Auerbach und Leon Michels über The Arcs zu sprechen. Die beiden sehr gut aufgelegten Musiker erzählten von ihre Arbeitsweise, die Unterschiede zwischen dem Album und Konzerten waren ein Thema, aber auch Hühnchen auf Heu. 

 

 

Hallo Dan, hallo Leon. Wie kam das Projekt The Arcs zustande? Gab es einen bestimmten Punkt, der den Stein ins Rollen brachte?Dan: Nun, wir alle kennen uns seit mehreren Jahren und haben bereits zusammen verschiedene Dinge aufgenommen. Mit der Zeit sammelte sich ein richtiger Stapel an Songs und irgendwann ist es dann aus dem Ruder gelaufen (lacht). Zu viele Songs.
Alles klar. Du hast vor mehreren Jahren bereits ein Solo-Album herausgebracht. Wie kam es dazu,  dieses Album mit mehreren Musikern unter einem neuem Titel zu veröffentlichen?

Dan: Es war ein komplett andere Herangehensweise. Es gab keine Idee dahinter, kein Plan. Ich war mit den Jungs am Musik machen und irgendwann kamen wir an einen Punkt, an dem wir unser Material herausbringen wollten. So simpel ist es. Weisst du, wir haben alle Songs zusammen geschrieben, es war nicht nur allein «mein» Zeug.
Gibt es einen typischen Ablauf, wie die Songs zustande kamen? Oder anders gesagt, wie gestaltete sich der Songwriting-Prozess allgemein?Dan: Es gibt ein paar Songs, die auf bereits bestehenden Ideen basieren. Bei anderen warfen wir uns gegenseitig Bruchstücke zu und schauten, was passte. Im Allgemeinen startete es meistens in der Gruppe, beim Jammen zu einem Riff. Wir arbeiten ziemlich schnell und haben eine ziemlich gute Chemie im Studio. Das ist Teil des Grundgedankens, warum dies alles passiert: es funktionierte völlig natürlich.

Ich habe gehört, dass ihr das Album in nur zwei Wochen aufgenommen habt. Stimmt das so?Dan: Nun, wenn man es zusammenrechnet, dann stimmt das. Wir haben aber mal was dort aufgenommen, dann wieder mal was an einem anderen Ort. Ich würde sagen, für die Songs auf dem Album ist das ziemlich richtig ausgedrückt, es dauerte etwa zwei Wochen, sie komplett aufzunehmen.
Leon: Wir haben mehrere Gäste auf dem Album. Einige Freunde sind dabei und, wer auch immer verfügbar war oder ins Studio kam. Sie machten dann Dinge wie Overdubs oder spielten Blasinstrumente.

 

 

Dan: Wir wollten eine Mariachiband und haben eine gebucht, so einfach ist das. Es war einer der grossartigen Momenten, den wir immer wollten: Backingvocals, die wie jene bei «The Crytals» oder «The Shirelles» (beides amerikanische All-Black-Girlgroups aus den 60ern. Anm. der. Red.) klingen.

 

Das heisst, ihr habt mehr Songs aufgenommen, als diese elf auf dem Album?Dan: Ja, wir haben ungefähr 80 Songs aufgenommen.
Wow…Dan: Wir haben über Monate Songs aufgenommen.
Leon: 90!
Dan: Sogar 90 Songs, ja. Das ist einfach verrückt. Nichts stoppte uns (beide lachen).
Und was passiert mit diesen Songs, die ihr «zu viel» aufgenommen habt?Dan: Manche sind nicht gut genug. Dafür sind andere gut genug und wir sollten sie rausbringen. Wir werden nicht, aber wir sollten. Ich habe das Gefühl, viel vom frühen Material ist unglaublich.
Leon: Wir sollten den Scheiss gratis abgeben!
Dan: Oder wir bringen sei unter dem Titel «The Early Years» raus. (schmunzelt)(Leon lacht lauthals)
Dan: Oder wir könnten ein grosses Boxset rausbringen!
(Gelächter in der Runde.)
Hat euer Bandname irgendeine Bedeutung?Dan: Hm… (denkt lange nach)
Anders ausgedrückt: wer kam mit der Idee, euch so zu nennen?Dan: Ähm, es war,… ja, es war Richard (Wright, der Drummer. Anm. der. Red.). Er hat es mir mal erklärt, aber eigentlich spielt es keine grosse Rolle, den der Name tönt einfach «classic», wie eine Band aus Jamaika. Aber niemand spielte bereits unter diesem Namen, er war frei nutzbar.
Mir ist aufgefallen, dass ihr mit zwei Drummer aufgenommen habt und auch mit diesem tourt.Dan: Yeah.
War dies auch ein Grundgedanke oder entstand natürlich?Dan: Nun, beide spielen sowohl auf dem Album als auch live. Sie sind einfach umwerfend und zwei meiner Lieblingsdrummer. Sie spielen ziemlich gut zusammen. Das ist schon alles und sie tönen fucking grossartig und riesig. Es ist ziemlich cool. Wir sind erst an der Spitze des Eisbergs, das heisst, immer noch am Lernen, was wir damit alles machen können. Wenn beide zusammen den Beat spielen und einer von beiden stoppt, ist es wie auf den Aufnahmen. In der Strophe spielt ein Drumkit, im Refrain kommt das zweite dazu. Es wird nicht unbedingt lauter, es wird mächtiger, energievoller. Sie haben nun sogar begonnen, manche Beats aufzuteilen. Ziemlich simples Zeug, aber zusammen … wow. Einer spielt zum Beispiel die Kickdrum, der andere die Snare oder einen Marsch. Ich kenne nicht viele Rockbands, die es genau so tun, wie wir. Klar, James Brown, Grateful Dead, ich liebe diese Bands, und die hatten auch zwei Drummer. Und wenn es funktioniert, ist es absolut unglaublich.
Leon: Es ist richtig gut.
Ihr spielt ja noch mit anderen Musikern zusammen, namentlich die «Mariachi Flor de Toloache». Wie gestaltete sich diese Zusammenarbeit?Dan: Wir wollten eine Mariachiband und haben eine gebucht, so einfach ist das. Es war einer der grossartigen Momenten, den wir immer wollten: Backingvocals, die wie jene bei «The Crytals» oder «The Shirelles» (beides amerikanische All-Black-Girlgroups aus den 60ern. Anm. der. Red.) klingen. Es scheint so, dass es heute fast unmöglich ist, dieses Schrille hinzubekommen. Und als sie dann zu singen begonnen haben … (Dan und Leon lachen) … mussten wir kurz raus gehen, um den Block, es war sehr eine intensive Erfahrung.

Dan und Leon bemerken das einzige Foto im sonnendurchfluteten Raum, in dem das Interview stattfindet: eine Nachtaufnahme des Centrals in Zürich.

 


Ja, das ist nicht weit von hier sogar. Dan, du warst ja schon mehrere Male in Zürich, hattet ihr die Möglichkeit, die Stadt ein wenig auszukundschaften?Dan: Nun, ich war ja an vielen Orten, aber komme nie wirklich dazu, Sightseeing oder ähnliches zu machen.
Leon: Aber gestern sassen wir in Zürich beim Abendessen, das war ziemlich lustig. Wir hatten «Chicken on hay»! 
(Allgemeines Gelächter)
Dan: Ist das sowas wie ein Witz hier? Das Huhn wurde auf Heu serviert. Es war widerlich, man hatte all diese kleine Stücke Heu zwischen den Zähnen. Der Kellner hob den Deckel ab und der ganze Raum roch nach Heu, wie in einer Scheune. Leon ass bis auf den letzten Knochen alles auf.
Leon: Ja klar.
Dan: Und es war sogar ziemlich teuer.

 

 

Leon: Ein wichtiges Ziel von uns war auch, auf Tour mit den Arrangements der Songs zu experimentieren. Man kann ziemlich schnell in einem durchstrukturierten Set feststecken, das man jeden Abend spielt. Das wollen wir verhindern, indem wir das Set jeden Abend umstellen, um alles frisch zu halten.

 

 

Nutzt ihr bei Konzerten dieselben Instrumente wie bei den Aufnahmen?Dan: Wenn es geht, ja. Klar ist es nicht möglich, alle verschiedenen Verstärker auf Tour zu nehmen und wir haben ein paar Pads mit Samples gefüllt, welche wir nicht Live reproduzieren können. Einige Songs haben wir angepasst, um sie vor Publikum zu spielen. Ein anderer Punkt ist, dass wir bei den meisten Songs alle verschiedene Instrumente spielen, während auf der Bühne jeder sein Hauptinstrument spielt. Ich spiele zum Beispiel auf vielen Tracks Bass, was heisst, das ich eine Menge Gitarrenriffs und andere Sachen extra üben musste, weil jemand anderes diese Spuren aufgenommen hatte.
Leon: Ich spiele eine «Vox Continental»-Orgel.
Dan: Ja genau, die kaufte er kurz vor der Tour! Er packte sie in ein Flightcase, flog sie rüber, und … sie war zerstört, als sie ankam. Alles in kleine Teile zerbrochen. Unser Bühnenmann musste alles aufschrauben und einzeln wieder zusammensetzen.
Leon: He fucking fixed it!
Dan: Abgesehen von den Pads und ein paar Synthesizern ist alles ziemlich simpel: ich spiele eine Gitarre, ein paar Amps, das wars.
Leon: Ein wichtiges Ziel von uns war auch, auf Tour mit den Arrangements der Songs zu experimentieren. Man kann ziemlich schnell in einem durchstrukturierten Set feststecken, das man jeden Abend spielt. Das wollen wir verhindern, indem wir das Set jeden Abend umstellen, um alles frisch zu halten.
Dan: Wir sind immer noch daran, diese Songs zu lernen und herauszufinden, wie man sie spielt. Es gibt Teile des Sets, bei denen ich noch kein Plan habe, was ich da eigentlich mache. Ich gehe dann zu Leon und frage: «Welche Tonart? Welche Tonart!?» 
Leon: Dabei sind seine Finger bereits am richtigen Platz auf dem Griffbrett. 
Dan: Wir haben bis zu diesem Zeitpunkt fünf bis sechs Liveshows zusammen gespielt, somit können wir noch mit den Songs «spielen» und uns austoben, um zu sehen was funktioniert und was nicht.
Wie sehen eure Pläne für die nahe Zukunft aus?Dan: Ich glaube, ich werde Paragliding ausprobieren (schmunzelt). Nein, ernsthaft: Wir haben ungefähr sieben bis zehn Songs, welche wir stark finden. Und nächsten Monat releasen wir eine EP, «Arcs VS. Inventors», welche ziemlich gut geworden ist. Andere Projekte sind bei allen von uns am Laufen.
Alles klar. Ich wünsche euch alles Gute für die Zukunft und habt ein grossartiges Konzert heute Abend im X-Tra. Danke, dass ihr euch die Zeit genommen habt.Beide: Danke dir, Mann.

 

 The Arcs - «Outta My Mind»

 

Mehr Infos zu The Arcs gibt es auf der Band-Website

David Schaufelberger / Do, 26. Nov 2015