Ein Land, so fern und doch so nah

DVD-Kritik: A World Beyond
Bildquelle: 
© The Walt Disney Company Switzerland.

Wir wissen aus über hundert Jahren Erfahrung in der Visionierung von Filmen, dass nicht immer alles so ist, wie es zu sein scheint. Schon gar nicht, wenn etwas schön ist. Die Teenagerin Casey ist die Tochter eines Raketenwissenschaftlers und sie teilt die Leidenschaft ihres Vaters. So schleicht sie regelmässig in der Nacht an eine Raketenabschussbasis, um mit einer Drohne zu spionieren. Es kommt, wie es kommen muss und sie wird verhaftet. Als sie wieder entlassen wird, findet sie bei ihren Sachen einen Pin mit einem grossen blauen T vor orangem Grund. Sie fasst ihn an und steht plötzlich in einem Roggenfeld. Staunend geht sie ein paar Schritte und knallt gegen eine unsichtbare Wand. Dabei verliert sie den Pin und steht unvermittelt wieder auf der Wache. Schnell checkt sie, dass sie eben in einer anderen Welt war. Sie stattet der interessanten Welt noch ein paar Besuche ab, bis der Pin den Geist aufgibt. Als Zuschauer merkt man schon, dass die Welt zu schön ist, um wahr zu sein.

 

Casey beginnt zu forschen und stösst im Internet auf einen Laden, der solche Pins sucht. Was sie nicht weiss, ist, dass der Laden Tarnung ist, um Rekruten zu finden. Rekruten sind Menschen, die den «T»-Pin bekommen. Plötzlich steht Casey vor dem Lauf zweier bedrohlicher Waffen, die definitiv Zukunftsmusik sind. In letzter Minute wird sie von einem Mädchen gerettet. Sie stellt sich als Athena vor und ist scheinbar gekommen, um zu rekrutieren. Sie sucht Leute für «Tomorrowland». Dort leben die intelligentesten und kreativsten Menschen der Erde, um ohne bürokratische Hürden zu forschen. Das Land liegt in der Zukunft und es gibt Möglichkeiten, dorthin zu gelangen. Leider wissen die Bewohner von «Tomorrowland», dass die Erde dem Untergang geweiht ist. Doch was tun? Athena liefert Casey bei Frank ab. Der war als Kind in «Tomorrowland», flog aber raus. Jetzt ist er ein alternder, verbitterter Wissenschaftler. Als er Casey trifft, geht er zunächst auf Abwehr. Erst als sich Athena einschaltet und ihn davon überzeugt, dass Casey eine wichtige Rolle für «Tomorrowland» und die Erde spielen könnte, wird er hellhörig und entdeckt den Forschungsdrang wieder, den er als Junge verloren hatte. Denn damals wurde ihm das Herz gebrochen. Es ist also viel zu reparieren. So macht sich das ungewöhnliche Trio auf die Reise. 

 

Rekruten im Roggen

 

Als bekannt wurde, dass Disney aus «Tomorrowland», einem Themenbereich in den bekannten Vergnügungsparks, einen Film «basteln» will, war das Kopfschütteln gross. Zwar gelang mit «Pirates of the Caribbean» ein Welterfolg, der auf einem Fahrgeschäft in Disneyparks beruht, aber die Blogosphäre war im Fall von «A World Beyond» vorsichtig optimistisch. Als dann George Clooney für die Hauptrolle bestätigt wurde, besserte sich der Tenor, gilt Clooney doch gleichwohl als akzeptiert in Hollywood und in der Welt des Independent-Films. Die Rolle von Casey bekam die eher unbekannte Britt Robertson (TV-Serie «Under The Dome») und sie macht ihre Sache sehr gut. Als Ergänzung zu Clooney ist sie herrlich erfrischend und es entsteht eine Interaktion, die für manchen Lacher sorgt. Überhaupt gehen Brad Bird (führte ebenfalls Regie) und Damon Lindelof mit viel Ironie an das Drehbuch. Lindelof, der ein Teil der Serie «Lost» war, bewegt sich bei «A World Beyond» zwar in etwas seichteren Gewässern, aber das will der Film gar nicht verschleiern. Ziel ist sehr offensichtlich familiengerechte Science Fiction, die zwar von Dimensionen und Parallelwelten erzählt, aber nie unverständlich ist. Natürlich muss hier auch nicht mit steinharter Logik gearbeitet werden, viel eher ist Humor und eine gesunde Portion Selbstironie Programm. Sowie der eine oder andere Seitenhieb auf das Gerne und mit dem in Karbonit eingefrorenen Han Solo, der in einer nicht unwichtigen Szene eine gewichtige Rolle spielt, ist sogar ein kleiner Wink auf die Pläne des Disney-Konzerns im Film.  

 

Die Welt von Tomorrowland ist beeindruckend animiert. Nur die Frage, wieso die Rekruten jeweils im Roggenfeld ankommen und nicht direkt in der Stadt, ist unfreiwillig komisch, könnte aber der Optik geschuldet sein. Wirkt halt schön, wenn überall Köpfe aus dem Feld auftauchen. Dafür konnten die CGI-Magier bei der Stadt in der zukünftigen Welt so richtig aus den vollen Schöpfen und richtig kreative Spielereien auf die Leinwand bringen. So funktionieren die einzelnen Bausteine ziemlich gut und der Film unterhält auf der vollen Spielzeit. Langweilig wird einem nie, aber geistig überaus gefordert wird man schon auch nicht. «A World Beyond» ist amüsante Science Fiction, die man nicht allzu ernst sehen sollte, macht der Film nämlich auch nicht. Schade ist allerdings, dass keine charakteristische Figur auffällt, die den Kult-Status von Jack Sparrow erreichen könnte. Aber die altkluge Athena, die vorlaute Casey und der zynische Frank sind schon ein schön schräges Team. 

 

Clooney gibt den Nerd und das steht ihm ziemlich gut. Die Schau stehlen ihm nur die beiden weiblichen Darsteller an seiner Seite. «A World Beyond» ist Stoff für einen unterhaltsamen Filmabend. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

 

  • A World Beyond (USA  / Spanien 2015)
  • Regie: Brad Bird
  • Drehbuch: Brad Bird, Damon Lindelof
  • Darsteller: George Clooney, Hugh Laurie, Britt Robertson, Raffey Cassidy
  • Tim McGraw
  • Laufzeit: ca. 130 Minuten
  • Verkaufsstart: 5. Oktober 2015
Patrick Holenstein / Mo, 05. Okt 2015